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Anna: «Jetzt bin ich ja da!»

Mit ihrem Verein «Metastasierter Brustkrebs Schweiz» (MBKS) möchte Anna (36) aus dem Solothurnischen anderen Betroffenen helfen. Und hilft dabei auch sich selbst.

Metastasierter Brustkrebs – Anna erzählt ihre Geschichte und macht Mut

Als Anna die Vorschläge für das Logo ihres Vereins anschaut, erschrickt sie. «Sie waren so düster.» Es zeigt ihr auch: Die Aussenansicht, die Menschen von Frauen mit metastasiertem Brustkrebs haben, ist viel düsterer als es die Betroffenen empfinden. «Wir können dank Therapien trotzdem noch ein gutes Leben haben.»

Die MBKS-Flyer liegen vor ihr auf dem Holztisch, sie leuchten türkis-pink-hellgrün. Das Logo? Eine farbige Schleife ist es geworden. Peppig, wie sich das Anna und ihre Gründerkollegin Daniela gewünscht haben.

Doch es gab viele bittere Stunden, viele Tränen und viele Träume, die geplatzt sind, ehe Anna es geschafft hat, vermehrt das Gute zu sehen. Oder in ihren Worten: «Jetzt bin ich ja da!»

 

Mitten im Leben

Vor sechs Jahren erhielt Anna die Diagnose Brustkrebs. Mit 30. Mitten im Leben. Trotzdem blieb sie «sehr optimistisch». Sie machte sich einen Plan und nahm sich vor, dass sie ein Jahr nach der Diagnose alles überstanden habe. Sie versuchte, ihren äusserst aggressiven Brustkrebs mit all seinen Folgen auch als Abenteuer anzuschauen. So testete sie zum Beispiel verschiedene Perücken. Sie liess sich beide Brüste entfernen und mit Eigenfett wiederaufbauen. «Körperlich fühlte ich mich zwar wie eine Omi, aber psychisch ging es mir kaum einmal schlecht.» Anna begann wieder zu arbeiten und träumte weiter von einer Familie.

Bis schon nach einem Jahr das erste Rezidiv kam – ein Rückfall. Diese Diagnose riss ihr «den Boden weg». Anna realisierte: «Ich bin nicht auf der guten Seite der Statistik.» Kurz zuvor hatte sie sich noch ein Haus gekauft. Nun kämpfte sie um ihr Leben und mit psychischen Problemen. Anna schlitterte in eine Depression, verliess nach 13 Jahren ihren Partner. «Ich habe alles verloren.»

Anna mit Hündin Lola

Mit Lola und Pata an der Seite

Während Anna im heimeligen Zuhause ihre Geschichte erzählt, streicht die eine Hündin, Lola, um ihre Beine. Die andere, Pata, wartet im Schlafzimmer, bis der Besuch wieder weg ist. «Sie würde ständig bellen.» Pata gibt Anna viel. In ihrem letzten Studienjahr zur Betriebsökonomin hat sie die Hündin aus dem Tierheim geholt.

Nach dem Rückfall im Jahr 2020 zog Anna zurück zu ihren Eltern und flüchtete sich ins Gamen. Da konnte sie eine andere Anna sein. «Das war zwar keine ideale Strategie, aber immerhin lernte ich so meinen Mann kennen.» Beim Spiel «Ark Survival» funktioniert man nur als Gruppe. Immer öfter spielte Anna mit Mike aus den USA. Die Gespräche der beiden drehten sich alsbald um Persönlicheres und Anna fand: Ich habe nichts zu verlieren und fliege zu ihm nach Amerika. So gross wie ihr Mut wurde die Liebe.

 

Metastasen und Familienzuwachs

Das Paar stand einiges gemeinsam durch. Die Fernbeziehung wegen der Corona-Pandemie, Annas Depression mit Aufenthalt in einer Klinik: «Ich habe mich so einsam gefühlt.»

Heute sind die beiden verheiratet und haben ein gemeinsames Leben im Solothurnischen aufgebaut. Ausgerechnet an dem Nachmittag vor drei Jahren, als die Untersuchung ein weiteres Mal ein Rezidiv, diesmal mit Metastasen auf der Lunge, zeigte, kam Hündin Lola zu den beiden.

«Welpe Lola hat uns so viel Freude gebracht.» Anna zeigt ein Bild mit ihren zwei Hunden. Beide liegen auf ihr. «So sieht es ab und zu aus.» Die Tiere spüren, wenn es ihr nicht gut geht, sagt Anna. Ihre grösste Angst: Dass sie andere Menschen in Trauer zurücklassen wird. «Mir geht es ja dann anderswo gut.» Deshalb hat sie mit Hilfe der Krebsliga Aargau alles bestmöglich organisiert für die Zeit danach. Sie hat sich beispielsweise den Pensionskassenausweis genau angeschaut und das Finanzielle geregelt, damit Mike wenigstens keine Geldsorgen haben wird.

 

Viel mehr als eine Krebspatientin

Seit einiger Zeit sind Annas Scans stabil. Im Oktober 2024 und im Januar 2025 zeigten die Bilder keine Lungenmetastasen mehr. Anna hofft, noch viele Jahre zu haben. Sie hat sich hart erarbeitet, dass sie nicht einfach die Krebspatientin Anna ist – selbst, wenn manchmal die schmerzenden Schleimhäute Kopfweh verursachen oder andere Nachwehen sie plagen. Manchmal ist sie auch die Anna, die mit ihrem dreijährigen Göttibuben in Fantasiewelten flüchtet, die in Marokko surfen geht und die mit ihrem Mann die Welt bereist. Sie ist die Anna, die Yoga macht, die 30 Prozent als Marketingspezialistin arbeitet oder stundenlang mit den Hunden spazieren geht.

Anna setzt sich mit ihrer Krankheit auseinander. So hilft sie sich selbst.

Und die Anna, die für andere da ist. Als Peer der Krebsliga hat sie bisher zehn Betroffene begleitet und dabei realisiert, dass die Gespräche auch ihr helfen, genauso wie das Gefühl, etwas bewirken zu können. Doch sie wollte noch mehr tun. Als Frau mit metastasiertem Brustkrebs fühlte sie sich oft aussen vor. «Auf dem Abstellgleis.» Sie gehört weder zur Gruppe der Cancer Survivors mit Happy End noch zu denjenigen, die nur noch leiden. Darum gründete sie vor einem Jahr mit Daniela den Verein MBKS – eine Patientinnenorganisation. Ihre Vision: Wir wollen gesehen, gehört und gestärkt werden. Heute sind die Frauen zu dritt im Vorstand.

 

In einer unterstützenden Bubble

Die MBKS-Community von über 20 Frauen gibt Anna viel Vertrauen und vor allem das Gefühl, nicht allein zu sein. Einmal pro Monat tauschen sich die Frauen virtuell aus, manchmal organisieren die Gründerinnen einen Vortrag zu Themen wie Patientinnen-/Patientenkompetenz oder Sterbehilfe. Ab und zu treffen sich die Frauen auch vor Ort, wie zu einem Blumenworkshop. Anna weiss, sie lebt oft «in einer Bubble». Doch sie hat Freundschaften geknüpft und tauscht sich auch mit Krebsbetroffenen aus anderen Ländern aus. Anna setzt sich lieber mit der Krankheit auseinander. So hilft sie sich selbst.

 

Auf der Achterbahn

Aktuell erhält Anna alle zwei Wochen eine Behandlung, die sie gut verträgt. Das erinnert sie aber auch alle zwei Wochen wieder an ihren Krebs. «Manchmal fühle ich mich wie auf einer Achterbahn.» Mal geht es rauf, mal folgt der Sturz in die Tiefe. Wie kurz nach unserem Besuch: Anna trauert um ihre verstorbene Gründerkollegin Daniela.

Bisweilen ist das Leben für die 36-jährige Frau mit metastasiertem Brustkrebs etwas düster – wie die ersten Logovorschläge für den MBKS-Flyer. Aber ganz oft gestaltet Anna es selbst heller und bunt: Mit jedem Gespräch, jedem Treffen mit den Frauen im Verein und jedem Moment, den sie mit ihren Liebsten und ihren Hunden verbringt. Denn: Jetzt ist Anna ja da.

(März 2025)

Text: Pia Schüpbach  Bilder/Video: Sophie Frei

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