Das Leben kann mit einer Darmkrebsdiagnose von einem Moment auf den anderen kippen. Doch statt aufzugeben, hat Isabelle gelernt, jeden Tag neu zu feiern.
Das Leben kann mit einer Darmkrebsdiagnose von einem Moment auf den anderen kippen. Doch statt aufzugeben, hat Isabelle gelernt, jeden Tag neu zu feiern.
Aufgezeichnet: Joëlle Beeler im März 2025, Foto ZVG
Eigentlich hätte ich die Vorsorgeuntersuchung zu Darmkrebs schon viel früher machen sollen. Doch wegen eines Sportunfalls schob ich die Darmspiegelung nach hinten. Ein Fehler! Als ich mit 55 Jahren in den Ferien in Mailand war, entdeckte ich Blut im Stuhl. Mir war sofort klar, das hat nichts Gutes zu bedeuten.
Der Tag der Diagnose war auch der Geburtstag meiner Schwester. Ich brauchte eine vertraute Stimme am Telefon, mir war so kalt. Ich habe mich entschieden meine Schwester anzurufen; danach eine Freundin. Es ist schon verrückt: Ich führte immer ein gesundes und sportliches Leben. Darum konnte ich fast nicht glauben, was mir da passierte. Ich verspürte ein sehr starkes Bedürfnis alle zu informieren, um zu sagen: Es kann jede:n treffen.
Zum Erstgespräch in der Onkologie begleitete mich meine Schwester. Ich hatte mich darauf vorbereitet, dass es wohl eine Radio- und Chemotherapie geben würde. Dass ich aber vorübergehend auch ein Stoma bekommen würde, das realisierte ich erst vor Ort. Ich fiel aus allen Wolken.
Die Tatsache, dass ich einige Jahre davor ein Burnout hatte, half mir, mit dieser Situation besser umzugehen. Ich bildete um mich herum eine Schutzhülle. Alles, was draussen passierte, hielt ich auf Distanz. Ich machte mir jeden Tag, wenn ich zur Radiotherapie ging, ein kleines Programm. Nach der Bestrahlung spazierte ich je nach Tagesform durch die Stadt oder traf mich auf ein Kaffee mit Freunden. Ich brauchte eine klare Trennung zwischen dem Spital und meinem Zuhause.
Schritt zurück ins Leben
Für mich gab es nur zwei Möglichkeiten: Entweder vorwärts gehen oder aufgeben. Zweiteres war keine Option. Mein Umfeld war beeindruckt. Du bist stark, sagten sie. Aber ich hatte gar keine andere Wahl. Nur so bekam ich genügend Motivation, um meinen Weg zu gehen, ohne in ein tieferes Loch zu fallen.
Die ganze Behandlung dauerte rund sechs Monate. Zum Glück hatte ich eine gute Prognose mit Aussicht auf Heilung und ich sprach gut auf die Therapie an. Nach der zweiten Operation bekam ich einen Abszess in der Beckengegend. Das war wirklich schrecklich, weil ich die Therapie ja schon erfolgreich hinter mir hatte. Mein Spitalaufenthalt dauerte insgesamt acht Woche mit zwei zusätzlichen Operationen. Ich hatte Angst, dass die Komplikationen nie aufhören würden. Heute bin ich dankbar, konnte ich das hinter mir lassen.
Ich war unsicher, wie ich den Schritt zurück ins richtige Leben schaffen würde - trotz eines grosszügigen Arbeitgebers. Mir fehlte ein Plan für den Wiedereinstieg. Eine Psychoonkologin der Krebsliga Zürich begleitete mich durch diesen schwierigen Teil. Das war sehr hilfreich.
Meine Geschichte mit Krebs habe ich in einem Buch niedergeschrieben. Ich liebe meine Arbeit, habe mich aber selbst unter Druck gesetzt. Ich gehe das Ganze mit einer neuen Lebensphilosophie an, ohne Stress und mit täglicher Meditation. Ich treibe wieder Sport, für mein körperliches und geistiges Gleichgewicht. Ich muss mich immer noch bremsen, denn eigentlich ich bin ein ungeduldiger Mensch. Und dennoch geniesse ich das JETZT: Jeder neue Tag ist ein Geschenk.
Betroffene, Angehörige, weitere Interessierte und Fachpersonen können den Dienst unter der Woche per Telefon, E-Mail, Chat oder WhatsApp von 10 Uhr bis 18 Uhr erreichen.