«Meine Frau hat einmal gesagt, dass die Krebsdiagnose etwas vom Besten war, was uns passieren konnte. Und sie hat recht. Wir konnten uns neu ausrichten. Wir entdeckten auf eine ganz bewusste Art und Weise unsere Ressourcen und lernten neue Menschen kennen. Wir realisierten, wir können gestärkt neue Horizonte erreichen.
Aber ich beginne doch mal von vorne: Mit 30 Jahren bekam ich die Diagnose Hodenkrebs. Mit zwei kleinen Kindern war das ein Riesenschock. Fast 30 Jahre später – im Jahr 2017 kam die zweite Diagnose Hodenkrebs und 2019 waren zudem die Lymphen befallen. Ich erinnere mich sehr gut daran, dass mich Arzt mit dem Befund ziemlich alleingelassen hat. Ich hätte gerne erfahren, welche Unterstützungsangebote oder Möglichkeiten ich neben der bevorstehenden Therapie sonst noch habe. Aber das Gespräch hatte keine Tiefe.
Zum Glück war ich im Spital Lachen im Kanton Schwyz gut aufgehoben. Dort gibt es den sogenannten Onkologie Coach. Für meine Bedürfnisse genau das Richtige. Quasi eine erste Hilfe für die Seele. Während der ambulanten Chemotherapie konnte ich über meine Ängste und Herausforderungen sprechen. Denn durch die Therapie körperlich und mental die Kontrolle zu verlieren, war schwierig für mich. Ich hatte beispielsweise starke Rückenschmerzen. Dafür bekam ich ziemlich bald Physiotherapie. Damit konnte ich meinen zuerst kraftlosen Körper wieder aufbauen.
Die Patientenkompetenz basiert auf Empowerment und dem Aktivieren von eigenen Stärken. Ich lernte meine Ressourcen genauer kennen und setzte sie in der Bewältigung der Krankheit bewusst ein. Meine Familie, der Glaube, der Sport, strukturiertes Denken und meine Tatkraft stärkten und bestärkten mich.
Die kurative Chemotherapie hatte enorme Wirkung. Heute bin ich krebsfrei. Ich arbeite inzwischen ehrenamtlich im Care-Team im Kanton Schwyz und setze mich in meinem Umfeld stark für das Empowerment ein. Früher war mir meine berufliche Karriere wichtig, heute konzentriere ich mich mehr auf sinnstiftende Tätigkeiten. Wenn ich pensioniert bin, wird mir bestimmt nicht langweilig!»
Text: Joëlle Beeler
(aspect Januar 2025)