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KrebsligaAgendaWebinar «Krebs und Intimität: Nähe neu erleben»

Webinar «Krebs und Intimität: Nähe neu erleben»

Im Verlauf einer Krebserkrankung verändern sich oft die sinnlichen Wünsche. Wie gestalten Betroffene und Paare trotz gesundheitlicher Probleme ein erfülltes Intimleben? Antworten darauf erhalten Sie im kostenlosen Webinar von KrebsInfo.

19.06.2025
17:00 Uhr
Online
Kategorie: Webinar
Zielgruppe: Öffentlichkeit

Aufzeichnung

Fragen an Petra Wohlwend

Sexologin MA (Master of Arts), Praxis für Sexualberatung Wohlwend, Schulhausstrasse 6, Thun 

Petra Wohlwend: Die Frage, wie lange es nach einer Krebserkrankung und -therapie dauert, bis die frühere Lust und Freude an der Sexualität wiederkehrt, lässt sich nicht pauschal beantworten. Eine zentrale Voraussetzung für eine erfüllende Sexualität ist ein neutraler bis positiver Bezug zum eigenen Körper und zu den eigenen Bedürfnissen. Dieser Prozess kann sehr unterschiedlich verlaufen. Während manche Menschen eine langsame, achtsame Annäherung an Intimität und Sexualität erleben, stellt sich das Bedürfnis nach Lust und Nähe bei anderen schneller wieder ein, sobald sie sich gesundheitlich stabil fühlen. 

Da der Verlauf individuell sehr verschieden ist, gibt es keine allgemeingültige Zeitangabe. Zudem spielen auch die Bedürfnisse des Partners oder der Partnerin eine Rolle. Häufig entsteht zusätzlicher Druck, wenn die Erwartungen unterschiedlich sind. Diese Hürde sollte sensibel begleitet werden, um einen entspannten Umgang mit dem Thema zu ermöglichen. Entscheidend ist, sich selbst Zeit zu geben und den eigenen Weg in der Sexualität achtsam und ohne Druck neu zu entdecken. 

Petra Wohlwend:  Meine Empfehlung wäre, sich mit dem Beckenboden auseinanderzusetzen und Beckenbodenübungen zu machen – vielleicht auch im Hinblick auf die Sexualität. Man sollte sich aktiv auf den Weg machen und nicht gleich aufgeben. Die Frage der Geduld ist dabei immer so eine: Kann ich dranbleiben? Habe ich noch Hoffnung? Und da finde ich es tatsächlich wichtig, wirklich reinzugehen, aktiv zu bleiben und vor allem auch Körperarbeit zu machen. Und natürlich, wenn die Partnerin oder das Thema Scham eine Rolle spielen oder wenn Inkontinenz vorhanden ist, auch zu schauen: Gibt es einen Dialog? Gibt es ein Gespräch, wie man gemeinsam weitergehen kann?

Die Frage ist immer: Bleibt das so oder bleibt es nicht? Ich finde, vieles ist möglich. Es gibt Neubewertungen oder vielleicht auch eine neue Realität, mit der man sagen kann: Die ist gut für mich oder auch für uns als Paar.zentral ist, dass man sich auch erlaubt, vom Zustand „wie es war” zu träumen. Wenn es früher immer funktioniert hat, dann hat man eine Idee und eine Vorstellung davon, und die darf man sicher haben. Aber dann finde ich es wichtig zu fragen: Wo stehen wir jetzt und welche neuen, schönen Auseinandersetzungen oder Intimitäten darf ich erleben? 

Petra Wohlwend: Wenn die hormonellen Bedingungen wegfallen, die uns Frauen eigentlich zur Sexualität motivieren, bleibt oft nur die Verliebtheitsphase. Diese dauert in der Regel etwa ein halbes Jahr, dann ist sie vorbei und möglicherweise stellt sich ein Kinderwunsch ein. Das heisst, wenn diese hormonellen Faktoren, die die Sexualität anregen, wegfallen, dann geht es darum, Wege zu finden, um wieder Lust zu empfinden. 

Es stellt sich also die Frage: Wie komme ich überhaupt wieder in die Lust? Gibt es Möglichkeiten, dass ich Lust empfinde? Wenn eine Partnerin darunter leidet, ist es wichtig, gemeinsam loszugehen und nach Lösungen zu suchen. In der Regel kann die lustlose Person mit dem Zustand ganz gut leben, weil das Bedürfnis nach Lust nicht vorhanden ist. In einer Paarbeziehung bedeutet das jedoch nicht, dass das Gegenüber auch kein Bedürfnis mehr hat. Hier geht es immer um Kompromissfindung und Lösungen, mit denen beide glücklich und befriedigt sind. 

Petra Wohlwend: Ich würde sagen, dass die Frage „Was macht mich als Frau oder als Mann in Bezug auf Sexualität aus?” für Krebsbetroffene und ihre Angehörigen das Thema Nummer eins ist. Wir sind sehr oft mit bestimmten Bildern konfrontiert, die uns die Gesellschaft und das Leben vorgeben. Diese Bilder sind nicht starr, aber doch sehr prägend. 

Die grösste Herausforderung ist dann tatsächlich: Wer bin ich eigentlich und was ist meine Sexualität? Wenn man sich damit wirklich auseinandersetzt, merkt man oft, dass Sexualität viel mehr ist als nur Penetration oder Orgasmus. Es gibt vieles davor, vieles währenddessen und vieles danach – Dinge, die einem Wert geben, die einem etwas bedeuten. 

Gerade nach einer Krebserkrankung stellen sich die Fragen nach Männlichkeit und Weiblichkeit oft neu und es kann zu einer Neuorientierung kommen. 

Körperorientierte Sexualtherapie bieten qualifizierte Fachpersonen vom Fachverband für Sexologie Schweiz: www.sexologie-schweiz.ch 

Fragen an die Peers Roger, Tanja und Marcus:

Roger, Tanja und Marcus engagieren sich freiwillig für Betroffene auf der Peer-Plattform der Krebsliga. 

Roger: Für mich lag die wichtigste Erkenntnis darin, dass sich mein Blick auf viele Dinge verändert hat. Nach der Erkrankung habe ich plötzlich Aspekte wahrgenommen, die mir vorher gar nicht bewusst waren. Besonders dankbar bin ich dafür, dass Sexualität überhaupt noch möglich ist – das ist keine Selbstverständlichkeit. Diese Dankbarkeit und das Bewusstsein, noch einmal Nähe und Intimität erleben zu dürfen, haben meine Beziehung sogar vertieft. Es war für mich ein echtes Aha-Erlebnis, zu spüren, dass sich durch die neue Situation auch die Tiefe der Partnerschaft verändern kann. 

Tanja: Ein einzelner Aha-Moment war es bei mir nicht, aber ich habe sehr deutlich gespürt, wie wichtig es ist, auf mich selbst zu achten – gerade in Bezug auf Sexualität. Ich habe gelernt, dass ich vieles für mich tue und dass es mir dadurch besser geht. Gleichzeitig ist mir bewusst geworden, wie zentral die offene Kommunikation mit dem Partner ist. Nur wenn beide ihre Bedürfnisse mitteilen und darauf eingehen, kann Nähe entstehen. Diese Offenheit und das gemeinsame Sprechen über Wünsche und Grenzen sind für mich zu einer wichtigen Erkenntnis geworden. 

Marcus: Ich kann das bestätigen. Bei mir war es insofern schwierig, weil man ja nicht wusste, ob man zu den Männern zählt, bei denen nach einer Prostatakrebsbehandlung die Sexualität aufgrund von Erektionsstörungen nicht mehr funktioniert. Diese Unsicherheit ist für viele ein grosses Thema, denn tatsächlich ist etwa die Hälfte der Männer nach einer solchen Behandlung davon betroffen. Das hat am Anfang zu einer gewissen Anspannung geführt. Doch durch das offene Gespräch mit meiner Ehefrau wurde vieles leichter. Indem wir immer wieder ehrlich über unsere Situation gesprochen haben, konnten wir gemeinsam herausfinden, was möglich ist.   

Roger: Wenn ich an die Psychologen im Krankenhaus denke, war das eher durchwachsen. Ich habe das Thema Sexualität allerdings auch nicht explizit angesprochen, und die Gespräche dort drehten sich mehr um das Emotionale als um das Sexuelle. Diese Sichtweise hat mir zwar gutgetan, aber ich habe gemerkt, dass mir die Gespräche mit meinen Freunden noch wichtiger waren. 

Was den sexuellen Bereich betrifft, war für mich vor allem der Austausch mit meiner Partnerin entscheidend. Sie arbeitet in der Pflege und bringt dadurch viel Erfahrung mit, was mir sehr geholfen hat. Wir haben offen über alles gesprochen, und ich hatte das Glück, mich in diesem Bereich sehr gut aufgehoben zu fühlen. Ich denke aber, wenn man dieses Glück nicht hat, sollte man sich unbedingt eine beratende Stelle suchen, zu der man auch gemeinsam hingehen kann, um gerade über die sexuellen Themen offen zu sprechen. 

Unsere Expertinnen und Peers

Petra Wohlwend
Sexologin MA (Master of Arts), 
Praxis für Sexualberatung Wohlwend, Schulhausstrasse 6, Thun 

«Petra Wohlwend ist eine erfahrene Expertin, die sich seit über 25 Jahren mit zwischenmenschlicher Nähe und körperlicher Selbstwahrnehmung beschäftigt. Im Webinar «Intimität bei Krebs» liegt ihr Schwerpunkt auf der Unterstützung von Krebspatient:innen, insbesondere in Bezug auf die Auswirkungen der Diagnose, auf das Körperbild und die persönliche Intimität. In ihren Beratungen und Seminaren schafft sie Raum für die Auseinandersetzung mit der veränderten Körperwahrnehmung und fördert einen wertschätzenden Umgang mit Nähe und Verbundenheit nach einer Krebserkrankung. Mit ihrer Expertise vermittelt sie Wissen und praktische Ansätze, um Tabus aufzubrechen und neue Erfahrungsräume zu eröffnen.» 

«Ein offenes Gespräch bringt viele Vorteile. Das Verknorzte mag ich nicht»
Tanjas Appell: «Vergesst das Umfeld und die nächsten Angehörigen nicht!»
Roger engagiert sich als Peer

Marcus 
Nach seiner Prostataoperation geht es Marcus heute «super». Er spricht über Krebs, Inkontinenz und Impotenz wie andere über das Wetter. Und er wünschte sich, andere Betroffene wären offener: «Nicht über Krebs und die Folgen zu sprechen, das macht einsam.» Darum möchte er andere Betroffene unterstützen. «Männervorsorge ist sehr wichtig.» Marcus weiss, wovon er spricht. 45 Jahre lang hatte er als Pfleger gearbeitet. Als Peer der Krebsliga ist Marcus für andere Betroffene und Angehörige da.

Tanja 
Die erste Krebsdiagnose erhielt Tanja kurz nach der standesamtlichen Trauung. Wegen der Chemotherapie verlor sie alle Haare und durch die Medis war sie aufgedunsen. «Ich hatte Angst, meinem Mann nicht mehr zu gefallen.» Doch Tanjas Angst war unbegründet. Das Paar sprach offen über Sexualität und seine Bedürfnisse. «Berührungen sind wichtig. Nachts im Bett war ich oft in meinem Gedankenkarussell gefangen. Dann nahm er mich einfach in den Arm. Das half mir.» Vier Wochen nach der Geburt ihrer Tochter erhielt Tanja die Diagnose Leukämie. Heute geht es ihr wieder gut und sie begleitet als Peer der Krebsliga andere Betroffene.  

Roger 
Im Jahr 2016 wurde bei Roger eine akute Leukämie festgestellt. Nur Stunden später war er im Spital, sofort begannen die Therapien. «Dies war eine schwierige Zeit in meinem Leben.» Das Erleben, Aushalten und die Auswirkungen der Leukämie waren und sind für Roger Erfahrungen, die ihn begleiten. In dieser Zeit realisierte er auch, wie wichtig Verwandte, Freundlinnen und Freunde sind. Sie lösten bei ihm eine positive Energie aus. Heute engagiert sich Roger als Peer bei der Krebsliga und möchte anderen Betroffenen im gegenseitigen Austausch Kraft geben.

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Betroffene, Angehörige, weitere Interessierte und Fachpersonen können den Dienst unter der Woche per Telefon, E-Mail, Chat oder WhatsApp von 10 Uhr bis 18 Uhr erreichen.

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