«Das erste Mal habe ich die Kontrolle über mein Leben 2013 verloren. Ich war damals 21 Jahre alt.» Tanja sitzt am Esstisch ihrer Wohnung in Bern-Liebefeld. Während sie ihre Geschichte erzählt, scheint die Sonne durchs offene Fenster. Sie nimmt einen Schluck von ihrem selbst gemachten Pfefferminzsirup. «Nur zwei Wochen nach unserer standesamtlichen Trauung erhielt ich die Diagnose Brustkrebs.»
Ihre linke Brust schmerzte plötzlich und sie spürte eine Verhärtung. Dann die Schocknachricht beim Arzt. Tanja erinnert sich noch genau an diesen Moment: «Es zieht dir einfach den Boden unter den Füssen weg. Alle Ziele, alle Träume… Wir waren doch gerade noch so glücklich. Und wir waren mitten in der Planung für unsere grosse ärchenhochzeit, die wir in Ägypten, der Heimat meines Mannes, gemeinsam mit unseren Familien feiern wollten.» Nachdem klar war, dass der Tumor in der Brust bereits gross war mit Metastasen in der Leber, begann Tanja eine Chemotherapie. Es folgten eine Operation, Bestrahlungen sowie eine Antikörpertherapie. Die Behandlung ging nicht spurlos an der jungen Frau vorüber. «Ich verlor alle Haare, Wimpern und die Augenbrauen. Von da an trug ich ein Kopftuch. Mit einer Perücke habe ich mich nicht wohlgefühlt», erinnert sie sich und streicht durch ihre inzwischen wieder sehr langen Haare. «Zudem war ich durch die Medis aufgedunsen, nahm an Gewicht zu, weil ich gegen die Übelkeit ständig gegessen habe. Ich sah krank aus, nicht wie das blühende Leben als frisch Verheiratete. Ich hatte Angst, meinem Mann nicht mehr zu gefallen.»
Doch ihre Angst war unbegründet: «Auch mit Glatze gab mir mein Mann immer das Gefühl, die Schönste zu sein», erzählt sie strahlend. «Er hat meine Erkrankung als Aufgabe gesehen, die es bestmöglich zu bewältigen gilt. Das hat mich motiviert, alles durchzustehen. Uns hat diese Erfahrung noch mehr zusammengeschweisst.» Wichtig sei auch die Sexualität. Schliesslich sei der Mann ja gesund. Paare sollten auch über solche Bedürfnisse sprechen, rät Tanja. «Berührungen sind wichtig. Nachts im Bett war ich oft in meinem Gedankenkarussell gefangen. Dann nahm er mich einfach in den Arm. Das half mir.»
Anfang 2014 waren die Metastasen in der Leber weg, auch der Tumor in der Brust, die erhaltend operiert werden konnte. Mit Spritzen wurde sie während der Therapie in eine Art Wechseljahre versetzt. Danach durfte Tanja nicht mehr hormonell verhüten, sollte aber während der Antikörpertherapie auch noch nicht schwanger werden. Tanja lacht laut heraus, erzählt: «Doch das Leben hatte etwas anderes im Sinn: Prompt war ich schwanger! Am 8. September 2016 kam unser kleines Wunder zur Welt.»