Diagnose Prostatakrebs: Welche Untersuchungen sind nötig?
Anhand der Untersuchungsergebnisse bewerten Fachpersonen, wie weit der Krebs fortgeschritten ist und wie sie ihn behandeln sollen. Für die Diagnose «Prostatakrebs» sind mehrere Untersuchungen notwendig. Welche das sind, erfahren Sie hier.
Welche Untersuchungen durchgeführt werden, ist von Person zu Person unterschiedlich. Fragen Sie bei Unklarheiten nach. Erst nach den Untersuchungen wissen Sie, ob Sie Prostatakrebs haben oder nicht.
Erste Abklärungen
Für eine Vorsorge-Untersuchung oder bei Beschwerden gehen Sie zuerst zu Ihrer Ärztin, Ihrem Arzt, Urologin oder Urologen. Eine Urologin oder ein Urologe ist eine Fachperson für harnbildende und für harnableitende Organe sowie für die männlichen Geschlechtsorgane.
Die Ärztin oder der Arzt fragt Sie:
nach Ihren aktuellen Beschwerden,
nach früheren Erkrankungen oder,
ob Verwandte von Ihnen auch Krebs hatten oder haben.
Blutuntersuchung
Für die Blutuntersuchung wird Ihnen Blut aus der Vene entnommen. Die Ergebnisse des untersuchten Blutes sagen aus, wie Ihr Allgemeinzustand ist und wie Ihre Organe funktionieren.
Ausserdem wird das prostataspezifische Antigen, kurz PSA, im Blut gemessen. Das PSA wird sowohl von gesunden Prostatazellen als auch von Prostatakrebszellen gebildet.
Nicht jeder erhöhte PSA-Wert bedeutet, dass Prostatakrebs vorliegt. Je höher jedoch der PSA-Wert ist, desto eher kommt Prostatakrebs als Ursache infrage.
Was kann neben Prostatakrebs auch zu einem erhöhten PSA-Wert führen?
eine entzündete Prostata
eine gutartig vergrösserte Prostata
eine Blasenentzündung
mechanischer Druck auf die Prostata (wie zum Beispiel beim Fahrradfahren oder bei sexueller Aktivität)
Es gibt aber auch weitere Ursachen, die den PSA-Wert kurzzeitig erhöhen.
Wenn bei Ihnen ein PSA-Test gemacht wird, informieren Sie sich vorher bei Ihrem Behandlungsteam, auf was Sie achten sollten. Fragen Sie, wie Sie sich vor dem Test verhalten sollen.
Welche weiteren Tests gibt es?
Ein weiterer Bluttest, der hilft, Prostatakrebs zu erkennen, ist der Stockholm3-Test. Der Stockholm3-Test gibt das Risiko für Prostatakrebs an. Das Ergebnis unterscheidet zwischen hohem und niedrigem Risiko. Diese Information hilft, ob weitere Untersuchungen gemacht werden sollen.
Der Stockholm3-Test misst neben dem PSA-Wert weitere Eiweisse im Blut, genetische Marker und kombiniert sie mit persönlichen Daten wie zum Beispiel dem Alter. Genetische Marker sind bestimmte Stellen im Erbgut.
Sie können uns helfen, Informationen über das Erbgut herauszufinden. Sie dienen als Zeichen für bestimmte Eigenschaften, Erkrankungen oder Veranlagungen.
Der Stockholm3-Test gehört nicht zu den Standarduntersuchungen. Fragen Sie Ihre Urologin oder Ihren Urologen, welche Tests in Ihrem Fall möglich sind und welche Vor- und Nachteile sie haben.
Körperliche Untersuchung
Die Ärztin oder der Arzt kann über den Enddarm einen Teil der Prostata mit dem Finger abtasten. Dieses Vorgehen wird als digitale rektale Untersuchung, kurz DRU, bezeichnet. Digital kommt vom lateinischen Wort digitus. Digitus bedeutet Finger.
Bei dieser Untersuchung kann die Ärztin oder der Arzt ertasten, ob die Prostata vergrössert ist oder ob Knoten vorhanden sind.
Das Abtasten dauert nicht lange und ist nicht schmerzhaft. Es kann als unangenehm empfunden werden.
Wie geht es weiter?
Der PSA-Wert und das Ergebnis der digitalen rektalen Untersuchung geben lediglich Hinweise. Um die Diagnose Prostatakrebs zu stellen, braucht es weitere Untersuchungen.
Magnetresonanztomografie
Die Magnetresonanztomografie heisst kurz MRT. Auf Englisch nennt man sie MRI (Magnetic Resonance Imaging). Die MRT erstellt mit Hilfe von Magnetfeldern Bilder von der Prostata.
Auf diesen Bildern können Radiologinnen oder Radiologen verdächtige Bereiche der Prostata erkennen. Später können dort aus den veränderten Stellen gezielt Gewebeproben entnommen werden.
Bei einer MRT-Untersuchung liegen Sie auf einer Liege, die in ein röhrenförmiges Gerät geschoben wird. Sie bekommen einen Gehörschutz oder Kopfhörer, weil es in der Röhre klopft und knattert. Die MRT ist schmerzfrei und arbeitet ohne Röntgenstrahlen.
Was tun bei Angst vor der Röhre?
Sprechen Sie mit Ihrem Behandlungsteam darüber. Vielleicht hilft Ihnen Entspannungsmusik oder ein Beruhigungsmittel während der Untersuchung.
Biopsie der Prostata
Haben Ärztinnen und Ärzte Hinweise, dass es sich um Prostatakrebs handeln könnte, benötigen Sie eine Gewebeprobe aus der Prostata. In der Fachsprache wird das als Biopsie bezeichnet.
Wie läuft die Gewebeentnahme ab?
Für die Gewebeentnahme gehen Sie ins Spital oder in eine Arztpraxis. Sie können am selben Tag wieder nach Hause gehen.
Für die Untersuchung bekommen Sie manchmal eine örtliche Betäubung oder eine Kurznarkose. Die gesamte Untersuchung dauert etwa 30 Minuten. Sie ist nicht schmerzhaft. Manche Personen empfinden sie aber als unangenehm.
Bei der Prostatabiopsie führt die Ärztin oder der Arzt vorsichtig eine Ultraschallsonde über den Enddarm ein. Die Ärztin oder der Arzt entnimmt mehrere Gewebeproben aus den verdächtigen und den normalen Bereichen der Prostata. Dazu verwendet sie oder er eine sogenannte Stanznadel, die innen hohl ist. Diese wird über den Damm oder den Enddarm in die Prostata eingeführt.
image preview (part cannot be editable in RTE!)
a) Ultraschallsonde b) Nadelführung c) Biopsie-Nadel d) Prostata e) Hoden f) Harnröhre (Quelle: iStock)
Eine Gewebespezialistin oder ein Gewebespezialist untersucht die Gewebeproben und erkennt, ob es sich um Prostatakrebs handelt oder nicht.
Hatten Sie eine kurze Narkose während der Biopsie, sollten Sie nicht allein mit dem Auto nach Hause fahren.
Welche Beschwerden kann ich bekommen?
Nach der Gewebeentnahme kann es sein, dass bis zu 4 bis 5 Wochen etwas Blut im Urin, im Samenerguss oder im Stuhl ist. Leichte Blutungen sind unbedenklich. Bluten Sie stärker, sollten Sie Ihre behandelnde Ärztin oder Ihren behandelnden Arzt informieren.
Haben Sie Fieber oder Schüttelfrost, müssen Sie sich umgehend bei Ihrer behandelnden Ärztin oder Ihrem behandelnden Arzt melden. Es kann sein, dass Sie eine Infektion haben.
Welche weiteren Untersuchungen werden gemacht?
Es kann sein, dass Sie noch weitere Untersuchungen benötigen. Wenn der Verdacht besteht, dass sich der Tumor über die Prostata hinaus ausgebreitet hat, führen Ärztinnen und Ärzte manchmal zusätzliche Untersuchungen durch.
Folgende Untersuchen kommen dafür infrage:
Bei der CT-Untersuchung liegen Sie auf einer Liege. Diese Liege bewegt sich durch einen grossen Ring. In diesem Ring befindet sich ein Röntgengerät, das Röntgenbilder macht.
Diese Bilder helfen Ärztinnen und Ärzten, die genaue Lage und Grösse des Tumors zu bestimmen und zu sehen, ob der Tumor in Lymphknoten oder benachbarte Organe gestreut hat.
Die PSMA-PET/CT verbindet zwei bildgebende Untersuchungen, die Positronen-Emissions-Tomographie (PET) und die Computertomografie (CT). In der PSMA-PET/CT sind befallene Lymphknotenmetastasen oder Metastasen genauer zu finden. Die gesamte Untersuchung dauert mehrere Stunden.
Die Abkürzung PSMA steht für Prostataspezifisches Membranantigen. Das ist ein Eiweiss, das der Körper selbst herstellen kann. Es kommt in geringer Menge auf der Oberfläche von gesunden Prostatazellen vor. Auch auf Prostatakrebszellen und Metastasen kann PSMA nachgewiesen werden. Je aggressiver der Prostatakrebs ist, desto grösser ist die Menge PSMA auf den Prostatakrebszellen.
Mit den bildgebenden Untersuchungen können Ärztinnen und Ärzte die Lage des Tumors genauer erkennen. Ihr Behandlungsteam kann auch erkennen, wie gross der Tumor ist, ob die Lymphknoten befallen sind und ob sich bereits Metastasen gebildet haben.
Für diese Untersuchungen müssen Sie in ein Spital oder in ein Röntgeninstitut gehen. Die Untersuchungen sind schmerzlos. Sie sind während der Untersuchung wach und können danach wieder nach Hause gehen.
Warten auf die Untersuchungsergebnisse
Bis die Ergebnisse da sind, kann es einige Tage dauern. Diese Wartezeit kann sehr belastend sein.
Die Ergebnisse der Untersuchungen sollen folgende Fragen klären:
Wie hoch ist der PSA-Wert?
Wie gross ist der Tumor?
Wie aggressiv ist der Prostatakrebs?
Ist der Tumor ins umliegende Gewebe eingewachsen?
Hat sich der Tumor in die Lymphknoten ausgebreitet?
Haben sich bereits Metastasen gebildet?
Wie ist Ihr allgemeiner Gesundheitszustand?
Die Fragen geben Aufschluss darüber, welches Stadium der Prostatakrebs hat. Ärztinnen und Ärzte teilen den Prostatakrebs in die sogenannte TNM-Klassifikation ein.
Die TNM-Klassifikation beschreibt die Ausbreitung des Tumors in der Prostata, in die Lymphknoten oder in andere Organe. Ärztinnen und Ärzte benutzen dafür die Buchstaben «T, N, M»:
T steht für Tumor.
N steht für Lymphknoten, englisch «node».
M steht für Metastasen.
Die Zahlen hinter dem Buchstaben T beschreiben, wie gross der Tumor ist und wie weit er sich in das umliegende Gewebe ausgebreitet hat. Der Buchstabe N beschreibt die betroffenen Lymphknoten und M ob Metastasen vorhanden sind.
Die folgende Auflistung ist vereinfacht. Je höher die Zahl, desto weiter hat sich der Tumor ausgebreitet oder desto grösser ist er.
T1 Der Tumor ist weder tastbar noch in den Bildern sichtbar.
T2 Der Tumor ist tastbar und auf die Prostata begrenzt.
T3 Der Tumor breitet sich über die Prostata ins umliegende Gewebe aus.
T4 Der Tumor ist beispielsweise in den äusseren Blasenschliessmuskel oder in den Harnleiter entweder angewachsen oder hineingewachsen.
N0 Die Lymphknoten der Beckenregion sind nicht von Metastasen befallen.
N1 Die Lymphknoten der Beckenregion sind von Metastasen befallen.
M0 Es sind keine Metastasen in anderen Organen vorhanden.
M1 Es sind Metastasen in anderen Organen vorhanden.
Steht im Arztbericht beispielsweise «T2 N1 M0», bedeutet das:
Der Tumor ist tastbar und auf die Prostata begrenzt.
Die Lymphknoten der Beckenregion sind von Metastasen befallen.
Es sind keine Metastasen in anderen Organen vorhanden.
Zusätzlich zu dieser vereinfachten Beschreibung oben können noch andere Buchstaben enthalten sein.
Haben Sie Fragen zur TNM-Klassifikation, sprechen Sie mit Ihrer behandelnden Ärztin oder Ihrem behandelnden Arzt.
Wie aggressiv ist der Prostatakrebs?
Neben der TNM-Klassifikation werden die Krebszellen auch daraufhin untersucht, wie stark sie sich von gesunden Zellen unterscheiden. In der Fachsprache wird das als Tumor-Grading oder Differenzierungsgrad bezeichnet.
Das Tumor-Grading wurde früher mit dem Gleason-Score beurteilt. Der Gleason-Score ist ein Bewertungssystem, das verwendet wurde, um zu bestimmen, wie aggressiv der Prostatakrebs ist.
Seit 2017 erfolgt die Einteilung nach Internationaler Gesellschaft für urologische Pathologie (ISUP) in Grading-Gruppen. Der Gleason-Score bildet heute die Grundlage für die ISUP-Grading-Gruppen.
Damit lässt sich abschätzen, ob der Tumor langsamer oder schneller wächst. Wächst er schneller, sind die Krebszellen aggressiver. Je mehr sich die Krebszellen von gesunden Prostatazellen unterscheiden, desto aggressiver wächst er.
Das ISUP-Tumor-Grading wird in den Zahlen der Gradierungs-Gruppe 1 bis 5 angegeben.
Die Zahl 1 steht für den niedrigsten Tumorgrad. Die Krebszellen wachsen kaum aggressiv. Die Zahl 5 steht für den höchsten Tumorgrad. Die Krebszellen wachsen sehr aggressiv.
Für die Prognose des Krankheitsverlaufs und um die Behandlung zu planen, benötigen Ärztinnen und Ärzte die Bildgebung, die Resultate der Gewebebiopsien mit dem Tumor-Grading und den PSA-Wert.
Wie ist die Heilungschance?
Die Prognose oder die Heilungschance bei Prostatakrebs hängt von den Merkmalen der Erkrankung und von der betroffenen Person ab. Daher ist die Heilungschance individuell. Je früher Prostatakrebs aber erkannt wird, desto besser ist die Heilungschance.
Haben Sie Fragen rund um das Thema Heilungschance?
Betroffene, Angehörige, weitere Interessierte und Fachpersonen können den Dienst unter der Woche per Telefon, E-Mail, Chat oder WhatsApp von 10 Uhr bis 18 Uhr erreichen.