PD Dr. med. Ulf Petrausch ist Onkologe am OnkoZentrum Zürich. Er behandelte Heidi Mani seit ihrer Rückkehr aus den USA in die Schweiz.
Herr Petrausch, nachdem Frau Mani 25 Jahre lang nicht mehr geraucht hatte, wurde bei ihr ein Lungentumor diagnostiziert. Ist dieser Krebs aufs Rauchen zurückzuführen?
Dr. Ulf Petrausch: Vier von fünf Lungenkrebsen werden mit dem Rauchen assoziiert. Die allermeisten Fälle sind also aufs Rauchen zurückzuführen. Auch wenn jemand vor über 25 Jahren das Rauchen aufgegeben hat, ist das Risiko, einen Krebs zu entwickeln, immer noch fast viermal höher als bei einer Person, die nie geraucht hat. Fünf Jahre nach dem Rauchstopp ist das Risiko sogar zwölfmal höher.
Was macht der Zigarettenrauch mit der Lunge?
Dieser Rauch ist ein sehr komplexes Stoffgemisch. Es besteht aus etwa 4800 verschiedenen Substanzen, von denen die allermeisten giftig sind. Da ist zum einen das Nikotin, also die Substanz, die ins Gehirn geht und dazu führt, dass ein Abhängigkeitsverhältnis aufgebaut wird. Zum anderen gibt es zahlreiche Radikale. Diese extrem aggressiven Substanzen greifen Moleküle an und zerstören sie. Und schliesslich kommt Kohlenmonoxid hinzu - ein Gas, das im Blut die Sauerstoffverhältnisse verändert und somit auch die Durchblutung stört. Wir gehen davon aus, dass diese drei Gruppen, kombiniert mit einer Veränderung des Immunsystems, dazu führen, dass Krebs entsteht.
Kann sich eine Lunge nach einem Rauchstopp erholen?
Nur teilweise. Durch das Rauchen werden bestimmte Strukturen wie die Lungenbläschen zerstört. Dadurch ist der Gasaustausch beeinträchtigt, was wiederum dazu führt, dass die Aufnahme von Sauerstoff und die Abgabe von Kohlendioxid nicht mehr richtig funktionieren. Eine vollständige Regeneration ist nicht möglich. Hingegen kann sich die Verklebung der Lungenhärchen aufgrund des Teers zurückbilden. Fazit: Je länger jemand raucht, desto grösser wird der strukturelle Schaden an der Lunge.
Gibt es einen Unterschied zwischen wenig und viel Rauchen, was die gesundheitlichen Konsequenzen anbelangt?
Wir können unterscheiden zwischen schweren Rauchern, die mehr als 20 Zigaretten pro Tag rauchen, und leichteren Rauchern, die eine bis vier Zigaretten rauchen. Im Vergleich mit nichtrauchenden Menschen ist das Risiko für die schweren Raucher, an Lungenkrebs zu erkranken, 23-mal höher. Bei leichten Rauchern drei- bis fünfmal.
Das heisst also, idealerweise raucht man gar nicht?
Ja! Es ist immer besser, nicht zu rauchen. Denn es gibt keine Grenze, die wir ziehen können, um zu sagen: Wenn jemand nur zwei Zigaretten täglich raucht, lässt sich Krebs vermeiden. Oder: Ab der fünften Zigarette wird die Krebsgefahr grösser. Das Risiko, mit Tabakkonsum die Lunge zu schädigen und damit Krebs auszulösen, besteht immer – egal, wie viel eine Person raucht.