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KrebsligaÜber KrebsLeben mit & nach Krebs

Jean-Pierre: ein anderes Leben

Fünf Jahre lang musste der Freiburger seine Lehre zum Landwirt wegen Schilddrüsenkrebs unterbrechen. Nun nimmt er es bei der Arbeit auf dem Biohof gelassener.

«Merlin hat genau gespürt, wenn es mir nicht gut ging», sagt Jean-Pierre über seinen treuen Begleiter.

Gaston: 180 Kilo, halbjährig und «der Kopf noch breiter als sonst bei den Stieren üblich». Jean-Pierre: zartgliedrig, 38. Der angehende Bauer zückt sein Handy und zeigt ein Foto seines Stiers. «Ich liebe diese Tiere und wollte immer einen haben.» Nun weidet Gaston nicht weit entfernt von Jean-Pierres Zuhause im Freiburgischen und erhält jeden zweiten Tag Besuch von seinem Besitzer. Die beiden haben eine Gemeinsamkeit: «Mein eigener <Stieregrind> hat mir in den vergangenen fünf Jahren sehr geholfen», erzählt Jean-Pierre. Gaston – «eine Art Symbol» für sein neues Leben.  

Doch von vorne. Ende November 2019 war es, als Jean-Pierre die Diagnose erhielt: Schilddrüsenkrebs mit Befall der Lymphknoten im Mittelfell und Metastasen auf der Lunge. Der ausgebildete Holzfäller steckte im zweiten Lehrjahr zum Bauern. «Dieser Beruf vereint alles, was ich mag: Die Arbeit mit Tieren, mit Maschinen, draussen auf dem Feld und drinnen im Stall. Und dass man immer wieder erfinderisch sein muss.» 

Elfstündige Operation

Gezeichnet von der über elfstündigen Operation: Jean-Pierre am Tag seiner Rückkehr aus dem Spital.

Aber dann: Stillstand. Drei Wochen nach der Schockdiagnose stand Jean-Pierre eine komplexe Operation bevor. An einem Freitag, dem 13. Ausgerechnet. «Ich bin nicht abergläubisch, aber dieses Datum war nicht gerade beruhigend.» Sein Krebs war spät entdeckt worden und niemand konnte vorhersagen, wie es in seinem Brustkorb aussieht. Prognose gab es dementsprechend keine. Über elf Stunden lang operierten drei Chirurgen aus verschiedenen Abteilungen des Universitätsspital Lausanne (CHUV) im Hals-Nasen-Ohren-Bereich und im Brustkorb. Der Eingriff verlief gut, doch die Zeit danach war hart. «Ich wusste, was es heisst, Schmerzen zu haben. Nun lernte ich, was Leiden bedeutet.»  

Während Jean-Pierre erzählt, sitzt er am Holztisch des Einfamilienhäuschens. Seine Kapuzenjacke gibt den Blick auf die Narben rechts und links vom Hals frei. «Sie sind schön verheilt», sagt er. Auf dem Handybild zeigt er Bilder von sich kurz nach der Operation und verzieht das Gesicht.  

Auf Distanz 

Nach dem Eingriff folgten zwei Radiojod-Therapien, um den Schilddrüsenrest und die Metastasen vollständig zu beseitigen. «Als ich nach Hause kam, spürte unser Hund Merlin sofort, dass er mir nicht zu nahe kommen durfte.» Doch nicht nur der australische Hirtenhund hielt Abstand – auch seine Partnerin Marie und Jean-Pierre mussten sich wegen der radioaktiven Strahlung sieben Tage lang voneinander fernhalten: «Das war hart.»  

Weil ihn die sieben Metalldrähte im Brustkorb schmerzten, musste Jean-Pierre diese in einer weiteren Operation sieben Monate später entfernen lassen. «So etwas will ich nie wieder erleben», sagte er sich und beschloss, alles zu tun, um wieder ganz gesund zu werden. 

Lebenspartnerin Marie steht Jean-Pierre immer zur Seite.

Marie – die grosse Stütze 

Im Garten bellen Merlin und Boarder Collie Astrée. Die Tür geht auf und Marie kommt nach Hause. Mittagspause für die Physiotherapeutin. In der schweren Zeit war sie Jean-Pierres Stütze. Sie begleitete ihn zu den Untersuchungen, fuhr ihn zu den Therapien und baute ihn wieder auf. Während des ersten Jahres war auch ein gewisses Schuldgefühl da. Denn schon sechs Jahre vor der Diagnose hatte Jean-Pierre einen Knoten am Hals. Weil dieser immer gleich gross blieb und auch mehrere Ärzte sich nicht beunruhigt zeigten, gingen die beiden jahrelang von einem Lipom, einem gutartigen Fetttumor, aus. Erst als sich der Knoten veränderte und ihn die Mutter seines Chefs darauf ansprach, liess er ihn untersuchen. Das Resultat: Krebs. «Hätten wir ihn früher erwischt, wäre es vielleicht nicht so weit gekommen», sagt Marie.  

Zwei Jahre lang kämpfte Jean-Pierre mit den Folgen seiner Krankheit und machte kaum Fortschritte. Doch sein Stieregrind, Marie, viele Spaziergänge mit Merlin und zahlreiche Therapien haben ihm geholfen, wieder auf die Beine zu kommen. Bis heute besucht Jean-Pierre Physio-, Faszientherapie und Osteopathie. Mehrmals betont Jean-Pierre, wie dankbar er allen ist, die ihn auf dem Weg zurück begleitet haben und weiter für ihn da sind.
 

Zurück im Beruf 

Ebenso wichtig waren für den jungen Mann die Krebsliga Freiburg und die Invalidenversicherung (IV). Mit ihrer Hilfe gleiste er seine berufliche Eingliederung auf, angepasst auf seinen Zustand. Ab Januar 2022 half er stundenweise auf einem Biohof in Rossens VD aus. Ein Glücksfall: Die Familie nahm ihn mit offenen Armen auf. Seit September 2024 arbeitet Jean-Pierre dort zwei Tage pro Woche als Lernender, an einem Tag besucht er die Schule in Grangeneuve. Sein Wochenpensum ist reduziert. Aktuell beträgt es 25 Stunden, während er zuvor 55 Stunden pro Woche arbeitete und studierte. Mindestens für die nächsten vier Jahre wird die IV Jean-Pierre unterstützen, bis klar ist, wie gut er sich von seiner Erkrankung erholt. Denn noch immer machen ihm Schmerzen zu schaffen, zudem plagt ihn Fatigue, eine bleierne Müdigkeit.  

Wegen meiner Fatigue muss ich meine Kräfte sehr genau einteilen.

Jean-Pierre

​​​​​​​Physiotherapie im Stall

Jeden zweiten Tag besucht Jean-Pierre seinen Stier Gaston.

Für zusätzliche Fotos geht es mit Jean-Pierre zum Biohof. In Rossens angekommen, wirft sich Jean-Pierre in sein Arbeitergewand und zieht die Mütze über den Kopf. Hofhündin Bella kommt mit wedelndem Schwanz angerannt.  

Im Stall packt Jean-Pierre sofort an, obwohl er nur fürs Foto posieren müsste. Mit Schwung verteilt er das Heu. «Die beste Physiotherapie!» Auch die Kühe freuts. Seine Bewegungen wirken kraftvoll. «Das täuscht», sagt Jean-Pierre. Besonders in einem Arm fehlt ihm Kraft wegen einer Nervenschädigung. Am meisten Energie hat er morgens. Darum beginnt er auch schon um 5.30 Uhr auf dem Hof. Bis Mittag arbeitet er und kehrt nach einer längeren Pause nochmals zurück für die Arbeiten am Abend. Um 19 Uhr schläft er oft schon auf dem Sofa ein.  

Die Fatigue – eine ständige Begleiterin von Jean-Pierre. Seine Kräfte muss er einteilen. «Ich überlege mir genau, ob ich am Freitagabend in den Ausgang gehe, wenn ich am Montag etwas Anstrengendes vorhabe. Das tut mir manchmal sehr leid für Marie, die vieles allein unternehmen muss.» Lässt es die Fatigue zu, geht Jean-Pierre an freien Tagen mit seinen Hunden spazieren oder arbeitet im Garten. Sehr gerne düst er auch auf seinem Rennrad durch die Gegend. «Meine Hobbys geben mir Kraft.»   
 

Mit Gaston auf dem eigenen Hof 

Es ist ein anderes Leben. Für Jean-Pierre, aber auch für sie beide als Paar. Doch Jean-Pierre ist glücklich, dass es ihm wieder so gut geht und er seine Lehre fortführen kann. Hündin Bella folgt ihm zum Auto. «Bis morgen früh!», ruft er ihr zu. Sollte er heute nach dem Mittagsschlaf noch genügend Energie haben, will er seinen Stier Gaston besuchen. Jean-Pierre ist sich sicher: Irgendwann werden Marie und er auf ihrem eigenen Hof leben. Mit ihren Tieren. Und mit Gaston. 

Text: Pia Schüpbach, Fotos: Gaëtan Bally, zvg 

Die Krebsliga vor Ort unterstützt beim Neustart 
Jean-Pierres Geschichte zeigt, wie wichtig Ausdauer und Hoffnung sind. Aber auch, dass Unterstützung von aussen entscheidend ist auf dem Weg zurück. Dank seiner Partnerin, seinem Hund, verständnisvollen Arbeitgeberinnen, der Invalidenversicherung und der Krebsliga konnte Jean-Pierre sein Leben neu aufbauen. Wo auch immer Sie wohnen: Ihre Krebsliga vor Ort hilft gerne weiter. 

Die kostenlose Broschüre «Arbeiten mit und nach Krebs» der Krebsliga liefert Antworten auf viele Fragen zum Wiedereinstieg.

 

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