Samra bekommt sofort eine Chemotherapie. Sie ist bettlägerig und kann kaum sprechen. Fast zwei Monate verbringt sie im Unispital. Während dieser Zeit lesen sie und Erzan online die Beratungsbroschüren der Krebsliga. «Wenn ich jetzt zurückblicke auf alles, was wir durchgemacht haben… », sagt er mit Tränen in den Augen und hält inne. Nachdem er sich wieder gefangen hat, fährt er fort: «Es war schwer, aber zum Glück hat Samra es geschafft.»
Nach ihrer Rückkehr in die Wohnung muss Samra weitere Chemotherapien absolvieren, insgesamt sind es neun Zyklen. Sie verliert Haare, Wimpern sowie Augenbrauen und trägt deshalb Perücken. «Ich wollte mich trotz Chemo und Haarausfall gut fühlen», sagt sie. «Welche Perücke ich trug, hing von meiner Stimmung ab. Ich konnte mich täglich verwandeln, fast eine andere Persönlichkeit annehmen.» Samra machte aus der Not eine Tugend.
Existenzielle Sorgen
Zum Zvieri gibt es heute Schoggikuchen von Amirs Geburtstag am Vorabend. «Selbst gekauft», scherzt Samra. Seit sie sich im vergangenen Sommer aufgrund des Krebses einer Magenoperation unterziehen musste, ist ihre Speiseröhre praktisch direkt mit dem Dünndarm verbunden. «Ich kann nur noch getrennt essen und trinken, da mein Magen jetzt etwa die Grösse einer Pflaume hat», erklärt Samra. Trotzdem kocht sie immer noch gerne. «Aber backen kann ich nicht!», erläutert sie. «Backen ist doch ganz einfach», entgegnet Adem. «Man nimmt Eier, Mehl, Wasser und Schoggi, und der Kuchen wird gut.»
Während ihres Spitalaufenthalts sorgt sich Samra nicht nur um ihre Gesundheit, sondern auch um das Wohlergehen ihrer Kinder Amir, Nadiya und Adem. Verstehen sie, wie es ihrer Mutter geht? Wie verkraften sie diese Extremsituation? Erzan klärt sie über Samras Gesundheitszustand auf und macht ihnen Mut: «Mama wird gut behandelt, sie schafft das!» Die Kinder reagieren positiv. «Sie waren sehr aufgeschlossen und verständnisvoll», erzählt Samra. Adem recherchiert und findet heraus, dass Magenkrebs nur 3% aller Krebstodesfälle pro Jahr ausmacht.