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KrebsligaZehn Jahre Cancerline: «In einem Chat sprechen die Ratsuchenden mehr Tabuthemen an»

Zehn Jahre Cancerline: «In einem Chat sprechen die Ratsuchenden mehr Tabuthemen an»

Die Cancerline, die Chat-Beratung des Krebstelefons, feiert ihr zehnjähriges Bestehen. Wieso dieser Kanal für viele Ratsuchende ein Segen ist und weshalb diese Art von Beratung von den Mitarbeiterinnen beim Krebstelefon höchste Flexibilität erfordert, erzählt Leiterin Anna Zahno.

Anna Zahno ist Leiterin des Krebstelefons bei der Krebsliga.

Wer hat sich während der letzten zehn Jahre bei der Cancerline gemeldet?
Anna Zahno: 2012 führten wir die Cancerline als Chatberatung speziell für Kinder und Jugendliche ein. Im ersten Jahr erreichten uns lediglich vier Anfragen über diesen neuen Kanal. Weil sich auch Erwachsene meldeten, lancierten wir 2013 eine eigene Chatberatung für sie. Zu Beginn waren es vorwiegend krebsbetroffene Menschen, mittlerweile sind es auch Angehörige, und mehr Frauen als Männer, die mit uns chatten.

Ist eine Beratung via Chat nicht oberflächlich und unpersönlich?
Nein, wir erleben das Gegenteil. Weil der Chat anonym ist, sprechen die Ratsuchenden mehr Tabuthemen an – wie beispielsweise die veränderte Sexualität nach einer Krebserkrankung. Auch Fragen zum Sterben richten Betroffene im Chat erfahrungsgemäss leichter an uns. Bei der Telefonberatung, die ebenfalls anonym sein kann, werden solche Themen oft erst nach einem Vertrauensaufbau zum Inhalt eines Gesprächs.

Was ist der Unterschied zu einer E-Mail-Beratung?
Ein Chat ist eine schriftliche Kommunikation in Echtzeit; ein E-Mail-Austausch geschieht zeitversetzt. Da der Chat live ist, beantworten die Beraterinnen die Fragen der User unmittelbar, eben wie in einem Gespräch. Zudem sind E-Mails förmlicher: Wir siezen die Ratsuchenden, während wir sie im Chat eher duzen.

Welches sind die speziellen Herausforderungen für die Beraterinnen?
Die Chats sind sehr zeitintensiv. Sie beanspruchen die volle Aufmerksamkeit der Beraterinnen, die während dieser Zeit für keinen anderen Kanal (Telefon, E-Mail) zur Verfügung stehen. Im Durchschnitt dauert ein Chat etwa 40 Minuten, lange Beratungen können jedoch bis zu anderthalb Stunden gehen. Manchmal öffnet sich zudem unvermittelt ein komplett anderer Gesprächsstrang, ein plötzlicher Themenwechsel ist also nichts Ungewöhnliches. Darauf müssen wir sofort reagieren können. Ferner hat jeder User eine andere Art zu schreiben. Es gibt solche, die sehr lange brauchen, bis sie eine Frage oder Antwort formuliert haben – selbst dann, wenn es sich nur um einen kurzen Satz handelt. Und umgekehrt.

Digitale Kommunikation kann sehr unverbindlich sein. Kommt es vor, dass User einfach «verschwinden»?
Ja, unerwartete Chat-Abbrüche ohne Verabschiedung finden auch bei uns statt. Wir wissen dann leider nicht, was geschehen ist. War es ein technisches Problem? Habe ich die falsche Frage gestellt? Etwas Falsches geschrieben?

Wie sehen Sie die Zukunft der Chat- beziehungsweise Online-Beratung?
Online-Angebote wie die Helpline (E-Mail-Beratung) und die Cancerline (Chat-Beratung) decken offensichtlich ein zunehmendes Bedürfnis in der Gesellschaft ab. Der Anteil der schriftlichen Beratungen beträgt bei uns knapp 40 Prozent, und ein grosser Teil der personellen Ressourcen des Teams wird bereits für die Online-Angebote eingesetzt. Online-Beratungen sind gerade für Menschen, die lieber schreiben und sich gerne zeit- und ortsunabhängig beraten lassen, ein sehr wichtiges Angebot. Ich freue mich, dass wir für diese Ratsuchenden mit der Chatberatung einen wertvollen Kanal haben. Persönlich liebe ich es, via Chat einen Menschen zu beraten und diesen auf einem kurzen Wegstück zu begleiten.

Interview: Christian Franzoso

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Betroffene, Angehörige, weitere Interessierte und Fachpersonen können den Dienst unter der Woche per Telefon, Mail, Chat oder Videotelefonie von 10 Uhr bis 18 Uhr erreichen.

Krebstelefon 0800 11 88 11
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