Diese Woche berät das Parlament zwei Gesetzesartikel, die verändern könnten, wie in der Schweiz die Arzneimittelpreise festgesetzt werden. Einerseits stimmt der Ständerat in Art. 52d KVG darüber ab, ob gewisse Arzneimittel künftig vorläufig vergütet werden sollen. Die Idee tönt auf den ersten Blick gerade für Krebsbetroffene vielversprechend: Innovative Arzneimittel könnten den Patient:innen bereits nach der Zulassung zugänglich gemacht werden – zu einem Preis, der auf den Schaufensterpreisen im Ausland basiert. Die Wirksamkeit und Zweckmässigkeit eines Arzneimittels würde dabei allerdings nicht berücksichtigt. Studien zeigen, dass Medikamente mit der geringsten Evidenz oft die höchsten Preise haben1. Das könnte zur Folge haben, dass Medikamente mit schlechter wissenschaftlicher Beweislage mit einem zu hohen Einstiegspreis in die Spezialitätenliste aufgenommen würden. Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) schätzt die Zusatzkosten auf CHF 260 Milllionen pro Jahr2.
Mehrkosten im dreistelligen Millionenbereich
In Deutschland wurde die vorläufige Vergütung «ab Tag 0» bereits eingeführt. Eine neue Analyse der Universität Zürich3 zeigt, zu welchen Mehrkosten dies in der Schweiz führen würde: In den ersten zwei Jahren nach der Kostenübernahme würden durchschnittlich zusätzliche Kosten von ca. CHF 34 Millionen pro Medikament anfallen. Wäre dieses Vorgehen bereits von 2014 bis 2022 zum Einsatz gekommen, hätten sich in dieser Zeitspanne die jährlichen durchschnittlichen Medikamentenausgaben um insgesamt CHF 655 Mio. Franken erhöht. Dies entspricht 9.0% der jährlichen Medikamentenausgaben und 1.9% der jährlichen Gesamtausgaben für die Kosten der obligatorischen Krankenpflegeversicherung.
Vertrauliche Preismodelle ohne gewünschte Wirkung
Gleichzeitig will der Bundesrat im Krankenversicherungsgesetz (KVG) Art. 52c vertrauliche Preismodelle verankern. Damit könnten die pharmazeutische Industrie und das BAG in gewissen Fällen geheime Rabatte für Arzneimittel aushandeln. Die effektiven Kosten wären damit für Dritte nicht mehr nachvollziehbar. Doch es gibt keine Evidenz, dass dadurch Arzneimittel schneller und günstiger verfügbar werden. Diese Preismodelle, die hierzulande bereits seit einem Jahrzehnt im Einsatz sind, schwächen vielmehr den Standardprozess, der die Aufnahme der wirkungsvollsten Substanzen zum besten Preis in die Spezialitätenliste ermöglicht4. Aktuelle Zahlen zeigen, dass bei Krebsmedikamenten die Preise am stärksten wachsen5.
Die Krebsliga begrüsst die Bestrebungen, dass Patient:innen einen schnellen Zugang zu Arzneimitteln mit einem hohen therapeutischen Nutzen haben sollen, z.B. durch die Optimierung der Prozesse Early Dialogue und Early Access6. Denn gerade für Krebspatient:innen ist Zeit oftmals ein entscheidender Faktor. Die vorliegenden Studien lassen jedoch daran zweifeln, ob die im Ständerat zu diskutierenden Anträge dazu der richtige Weg sind.
Die Krebsliga berät, unterstützt und informiert Menschen mit Krebs und deren Angehörige. Sie setzt sich gezielt für Prävention und Früherkennung ein und fördert die unabhängige Krebsforschung. Als nationaler Verband besteht sie aus 18 kantonalen und regionalen Krebsligen sowie der Dachorganisation, der Krebsliga Schweiz. Sie ist eine vorwiegend durch Spenden finanzierte Organisation. |