Das Medical Board begründet seine Haltung mit der Problematik der falsch-positiven Befunde und der Überdiagnosen. Diese bekannten Aspekte liegen in der Natur jeder medizinischen Untersuchung und müssen dem Nutzen des Mammografie-Screenings, der nachweislichen Reduktion der Brustkrebs-Sterblichkeit, gegenübergestellt werden. Zahlreiche Organisationen und Experten kommen zum Schluss, dass die erwünschten Wirkungen des Mammografie-Screenings überwiegen. Ausserdem scheint die Kosten-Nutzen-Beurteilung im Bericht auf einem stark vereinfachten Modell zu beruhen, dessen Annahmen nicht mit Hilfe aktueller Literatur untermauert wurden. Dies erschwert eine differenzierte Diskussion der vorgelegten Zahlen. Der Bericht des Medical Board überzeugt weder inhaltlich noch methodisch.
Der Bericht wiederspricht auch der Nationalen Strategie gegen Krebs, die im Juni 2013 von Bund und Kantonen verabschiedet worden ist und die flächendeckende Einführung des qualitätskontrollierten Mammografie-Screenings fordert. Die Krebsliga wird den Bericht im Detail prüfen und durch unabhängige Experten begutachten lassen.
Vorteile der Screening-Programme
Die Qualitätssicherung lässt sich im Rahmen von Programmen einfacher umsetzen. Die Programme begünstigen auch die Chancengleichheit, da die Mammografie von der Grundversicherung bezahlt wird und alle Frauen über 50 Jahre ungeachtet ihrer persönlichen Situation alle zwei Jahre zu einer Früherkennungsuntersuchung eingeladen werden. Studien zeigen, dass pro 1000 Frauen, die am Screening teilnehmen, ein Todesfall verhindert wird. Brustkrebs, der in einem frühen Stadium entdeckt wird, kann zudem meistens schonender behandelt werden.
Beim opportunistischen Screening sind die Rahmenbedingungen anders
Bei einer opportunistischen Früherkennungsuntersuchung auf Verlangen der Frau oder auf Anraten des Arztes sind die Rahmenbedingungen nicht die gleichen: Die Früherkennungsuntersuchung erfolgt fallweise, wird von der Grundversicherung nicht vergütet und untersteht keinen obligatorischen Qualitätskriterien. Zudem gibt es keine systematische Datenerhebung, welche eine Qualitätskontrolle ermöglichen würde.
Die aktuellsten wissenschaftlichen Erkenntnisse als Basis
Die Krebsliga überprüft ihre Position regelmässig und passt sie bei Bedarf an die aktuellsten wissenschaftlichen Erkenntnisse an. Im Interesse der Frauen setzt sich die Krebsliga für die Revision der Qualitätskriterien in der Schweiz ein und führt in Absprache mit dem Bundesamt für Gesundheit eine entsprechende interdisziplinäre Arbeitsgruppe. Die Krebsliga fordert die Kantone, in denen noch keine Programme bestehen, auf, die nötigen Schritte zu unternehmen, um den Frauen in ihrem Kanton die Möglichkeit zu bieten, sich im Rahmen eines Programms untersuchen zu lassen. Dabei ist auf die Qualitätskontrolle des Screenings und der Abklärungen entsprechend den neusten Richtlinien zu achten.
Brustkrebs ist die häufigste Krebskrankheit und die häufigste Krebstodesursache bei Frauen in der Schweiz. Jedes Jahr erkranken 5500 Frauen an Brustkrebs, und 4 von 5 Frauen sind zum Zeitpunkt der Diagnose über 50 Jahre alt.