Die Krebsforschung schreitet in grossen Schritten voran und innovative Therapien geben Patient:innen neue Hoffnung. Im besten Fall verbessern diese Therapien den Behandlungserfolg und senken Kosten im Gesundheitswesen. Oft sind die Wirkungen aber geringer als erhofft und die Kosten explodieren. Damit stellt sich immer drängender die Frage, wie effektive Arzneimittel identifiziert werden, um sie schnell und angemessen vergüten zu können.
Im Rahmen der Diskussion um das Kostendämpfungspaket 2, das der Nationalrat in der Wintersession behandelt, werden Forderung nach vertraulichen Preismodellen und nach beschleunigten Zulassungsverfahren laut. Beide Massnahmen sind aber aus Sicht der Patient:innen nicht zufriedenstellend.
Intransparenz und Umgehung der WZW-Kriterien
Vertrauliche Preismodelle, bei denen die pharmazeutische Industrie und das Bundesamt für Gesundheit (BAG) für gewisse Arzneimittel geheime Rabatte aushandeln, erzielen nachweislich nicht die erwünschte Wirkung1. Obwohl sie in der Schweiz seit Jahren umgesetzt werden, steigen die Preise von Krebsmedikamenten stetig an2. Sie bergen zudem die Gefahr, dass Substanzen mit unzureichender Evidenz schneller in die Spezialitätenliste aufgenommen werden. Studien belegen, dass kein Zusammenhang zwischen Preis und therapeutischem Nutzen besteht3. Es werden sogar die höchsten Preise für Medikamente mit der geringsten Evidenz gezahlt4.
«Black Friday-Effekt» führt zu überschätzter Wirkung der Preismodelle
Eine im Gesetz verankerte Vertraulichkeit auf unbestimmte Zeit untergräbt den Auslandspreisvergleich (APV) und den therapeutischen Quervergleich (TQV).
«Das Vorgehen ist ähnlich wie am Black Friday: Je höher der fiktive Listenpreis ist, desto grösser können die Rabatte sein. Bei geheimen Preisabsprachen wird es jedoch schwieriger zu überprüfen, ob die Preisfestsetzung tatsächlich auf einem robusten Qualitätsnachweis beruht.», erklärt Dr. Nora Franzen von der Erasmus School of Health Policy & Management, die seit Jahren für das European Fair Pricing Network (EFPN) auf diesem Gebiet forscht.
Für mehr Transparenz wäre eine verstärkte Zusammenarbeit zwischen den Staaten nötig. Sie verkommt jedoch zur Alibiübung, wenn jedes Land gleichzeitig intransparente vertragliche Vereinbarungen mit den Herstellern eingeht und den Nachweis der therapeutischen Wirksamkeit verzögern oder sogar umgehen kann.
Patienteninteressen priorisieren
Um die bestehenden Prozesse zu optimieren, müssen alle Akteure am gleichen Strick ziehen und die Interessen der Patientinnen und Patienten über Partikularinteressen stellen. Die Gesundheitskommission des Nationalrats (SGK-N) hat dies erkannt und sich mit knapper Mehrheit im Sinne der Krebsbetroffenen ausgesprochen. Es bleibt zu hoffen, dass der Nationalrat den Mehrheitsanträgen seiner Kommission in der Wintersession folgen wird.