Dr. med. Martin Wilhelmi, Facharzt für Gastroenterologie und Hepatologie:
Vielen Dank für Ihre Anfrage
Ihr Vater hat Enddarmkrebs. Bisher wechselten die Behandlungen wegen der Ausbreitung der Erkrankung in die Lymphknoten. Demnächst wird Ihr Vater ein Colostoma (Stoma des Dickdarms) erhalten. Das Stoma macht Ihrem Vater Angst und Ihre eigenen Erinnerungen sind ebenfalls nicht positiv.
Anhand Ihrer Beschreibung schliesse ich mich der Entscheidung des Ärzteteams an, das für Ihren Vater zuständig ist. Bei Verdacht auf positive Lymphknoten ist es korrekt, ein höheres Tumorstadium anzunehmen und eine mögliche sogenannte Überbehandlung zu «riskieren». Was Ihren Vater betrifft, so denke ich, dass dieses Vorgehen im Einklang mit den geltenden onkologischen Standards ist.
Was das Stoma betrifft, so hat sich die Qualität des Materials in den letzten 10-15 Jahren positiv weiterentwickelt. Die von Ihnen beschriebenen Nachteile sind zwar weiterhin vorhanden, allerdings treten sie hauptsächlich in der Anfangsphase auf.
Die Auswahl des Materials erfolgt nach verschiedenen Kriterien. Oftmals bedarf es mehrerer Tests, um herauszufinden, welches Material für die betreffende Person am besten geeignet ist. Sobald die Test-, Eingewöhnungs- und Lernphase vorbei ist, treten Unannehmlichkeiten meistens in den Hintergrund oder werden sogar ganz vergessen.
Sie bringen die Angst Ihres Vaters vor dem Colostoma zum Ausdruck. Dies ist ein wichtiger Punkt, an dem gearbeitet werden kann, damit er diese Angst annehmen, sie bewältigen und mit ihr leben kann. Aufgrund des Tabuthemas «Ausscheidung» ist das komplex. Deshalb rate ich Ihrem Vater, offen zu sein und seine Ängste, Bedürfnisse und Fragen bei den Fachpersonen anzusprechen. Ein Gespräch mit einer Stomatherapeutin oder einem Stomatherapeuten im Vorfeld des Eingriffs ist wichtig. Ihr Vater kann auch Menschen treffen, die ebenfalls ein Colostoma haben. Das kann ihm helfen, besser damit zurechtzukommen. Um besser zu verstehen, was eine Colostoma ist, kann Ihr Vater unsere Broschüre zu diesem Thema auf der Website der Krebsliga Schweiz lesen oder sie bestellen. Zusätzlich kann Ihm eine psychoonkologische Unterstützung helfen, die Situation besser zu verarbeiten.