«Im August 2023 totale Prostatektomie mit Da Vinci Roboter beim Prostatakarzinom. Seither keine Erektion mehr, Versuche mit Tadalafil alle 3 Tage 10mg erfolglos. Dazu Beschwerden mit Harnblase, die sich nicht mehr richtig entleert, 100-150ml pro Mal, häufige Mikrofon, alle 40 Minuten, mit starkem Brennen vor dem Harnablassen. Neuro-Urologische Untersuchung Universität Balgrist Zürich ohne pathologischen Befund. Versuchsweise 2x IKS täglich morgens/abends, um Resturin zu entleeren. Hat sich nach einem Monat bewährt, dazu Behandlung mit Fesoterodin 4mg 1x täglich fraglich. Hat eher zur Verstopfung geführt. Woher dieses Brennen vor dem Harnablassen, wie kann erektile Funktion wieder erreicht werden (60J.)? Besten Dank und freundliche Grüsse!.» — Frage von Päscu (28.11.2024) Antwort von PD Dr. med. Dominik Abt, Facharzt für Urologie, Schwerpunkt operative Urologie Nach einer radikalen Prostatektomie, auch unter Einsatz des Da Vinci-Roboters, kann es leider häufig zu erektilen Dysfunktionen kommen. Diese resultieren aus möglichen Verletzungen oder Irritationen der für die Erektion wichtigen Nervenstrukturen, selbst wenn diese bestmöglich geschont wurden. Die Regeneration dieser Nerven kann mehrere Monate bis Jahre dauern. Sie kann aber letztlich auch unzureichend sein, um eine spontane Erektion zu erreichen. Zur Unterstützung stehen dann folgende Ansätze zur Verfügung:
1. Medikamentöse Therapie:- Tadalafil ist ein sinnvoller Ansatz. Falls die bisherige Dosierung (10 mg alle 3 Tage) keinen Effekt gezeigt hat, könnte eine Anpassung der Dosierung auf z. B. 20 mg bei Bedarf versucht werden.
- Alternativ können Medikamente wie Sildenafil oder Vardenafil getestet werden, falls Tadalafil nicht wirkt. Ehrlicherweise sind die Erfolgschancen bei komplett fehlender Reaktion auf Tadalafil jedoch eher gering.
2. Vakuum-Erektionshilfen:- Mechanische Pumpen können unterstützend eingesetzt werden, um die Durchblutung zu fördern und Gewebeschäden durch Sauerstoffmangel zu vermeiden. Sie müssen mit einem Penisring aus Gummi kombiniert werden. Gerade bei gefestigten Partnerschaften sind viele Patienten hiermit sehr zufrieden. Sie können im Internet oder in Erotik Shops bezogen werden.
3. Injektionstherapie (SKAT):- Die Selbstinjektion von vasoaktiven Substanzen wie Alprostadil in den Penisschwellkörper kann bei ausbleibender Wirkung von PDE-5-Hemmern eine sehr gute Alternative darstellen. Initial bestehen oft Hemmungen wegen der Spritze. Nach guter Instruktion durch einen Urologen ist die Therapie jedoch keine grosse Sache und hilft bei den allermeisten Patienten. Sie wird zudem von der Krankenkasse übernommen.
4. Langfristige Optionen:- Sollten konservative Maßnahmen keine Verbesserung bringen, ist auch eine operative Lösung, z. B. eine Schwellkörperprothese, eine Option.
Die von Ihnen beschriebenen Beschwerden mit Restharn, häufigem Wasserlassen (Pollakisurie) und Brennen vor dem Wasserlassen sind ohne Kenntnis der urodynamischen Untersuchungsbefunde (Blasendruckmessung, welche wahrscheinlich im Balgrist durchgeführt wurde) schwer zu beurteilen. Ich muss daher die Antwort relativ allgemein halten.
Die von Ihnen geschilderten Symptome mit häufigem Wasserlassen (alle 40 Minuten), Miktionsvolumina von 100–150 ml und Brennen vor dem Wasserlassen weisen auf eine komplexe Problematik hin. Nach einer radikalen Prostatektomie können derartige Beschwerden durch verschiedene Faktoren bedingt sein. Im Folgenden erläutere ich mögliche Ursachen sowie Empfehlungen zur weiteren Diagnostik und Therapie.
Mögliche Ursachen für Ihre Beschwerden:
1. Verminderte Blasenkapazität oder Überempfindlichkeit der Blase:- Die beschriebenen Miktionsvolumina von 100–150 ml pro Entleerung deuten auf eine reduzierte funktionelle Blasenkapazität hin. Dies könnte durch eine überaktive Blase oder eine gesteigerte Empfindlichkeit der Blase verursacht werden.
2. Überaktive Blase (OAB):- Eine Überaktivität des Detrusors (Blasenmuskulatur) tritt häufig nach urologischen Eingriffen auf. Dabei signalisiert die Blase schon bei geringeren Füllmengen den Harndrang.
3. Reizung oder Entzündung der Harnwege:- Narbenbildung im Bereich der Anastomose (Verbindung von Blase und Harnröhre) oder eine Schleimhautirritation kann Brennen und Pollakisurie (häufiges Wasserlassen) auslösen. Auch eine subklinische Infektion wäre in diesem Zusammenhang abzuklären.
4. Restharnproblematik:- Obwohl Sie regelmäßige Miktionsvolumina haben, bleibt offen, ob zusätzlich Restharn in der Blase verbleibt, der zu Beschwerden wie Brennen und häufigem Harndrang führen könnte.
5. Schließmuskelspannung oder Blasenhalsprobleme:- Nach einer Prostatektomie kann eine Dysfunktion im Bereich des Blasenhalses oder des äußeren Schließmuskels bestehen, die den Blasenentleerungsprozess stört und die beschriebenen Symptome auslöst.
Möglichkeiten zur weiteren Diagnostik (wurde wohl überwiegend schon durchgeführt):
1. Urinanalysen:- Kontrolle des Urinstatus (inklusive Kultur) zum Ausschluss einer Infektion oder entzündlicher Prozesse.
2. Restharnmessung:- Eine sonographische Bestimmung des Restharns nach der Miktion, um sicherzustellen, dass die Blase vollständig entleert wird. Und ob es überhaupt noch eine Katheterisierung braucht.
3. Urodynamische Untersuchung:- Diese Analyse gibt Aufschluss über die Blasenkapazität, die Aktivität der Blasenmuskulatur und mögliche Koordinationsstörungen.
4. Blasenspiegelung (Zystoskopie):- Eine Zystoskopie kann Schleimhautreizungen, Narbenbildungen oder mechanische Probleme im Bereich der Anastomose sichtbar machen.
5. Sonographische Beurteilung:- Eine Ultraschalluntersuchung der Blase zur Beurteilung der Wandstruktur und zur Feststellung, ob sich Anzeichen einer Überdehnung oder chronischen Reizung zeigen.
Generell mögliche Therapieempfehlungen (jedoch abhängig von Ihren individuellen Befunden):
1. Medikamentöse Therapie:- Anticholinergika: Alternativen zu Fesoterodin, z. B. Solifenacin oder Oxybutynin, könnten zur Beruhigung der Blase beitragen. Wenn Verstopfung ein Problem ist, wäre eine Anpassung der Dosierung oder ein Wechsel der Substanz sinnvoll.
- Betamimetika (Mirabegron): Dieses Medikament wirkt auf andere Rezeptoren als Anticholinergika und ist bei überaktiver Blase eine gute Option. Es hat zudem ein geringeres Risiko für Nebenwirkungen wie Verstopfung.
- Alpha-Blocker: Wenn eine Blasenhalsobstruktion oder erhöhte Schließmuskelspannung festgestellt wird, könnten Medikamente wie Tamsulosin die Blasenentleerung verbessern.
2. Intermittierender Katheterismus :- Sollten sich nach wie vor relevante Restharnmengen bei der Diagnostik zeigen, kann der regelmäßige Selbstkatheterismus weiterhin eine sinnvolle Ergänzung sein, um die Blase vollständig zu entleeren und die Beschwerden zu lindern.
3. Blasentraining:- Ein kontrolliertes Training der Blase kann helfen, die Kapazität schrittweise zu erhöhen. Dies erfolgt durch gezielte Verzögerung des Wasserlassens und kann die Lebensqualität verbessern.
4.Minimalinvasive Eingriffe:- Sollten mechanische Ursachen wie Narben oder Verengungen vorliegen, könnten minimalinvasive Eingriffe (z. B. Dilatation, Blasenhalsinzision) in Betracht gezogen werden.
5. Physiotherapie:- Beckenbodentherapie kann unterstützend wirken, um die Kontrolle über die Blase und die Schließmuskelfunktion zu verbessern.
Ich hoffe, dass ich Ihnen trotz der nicht vorliegenden Befunde etwas weiterhelfen konnte und wünsche Ihnen eine rasche Besserung und alles Gute.
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