Bei einem Multiplen Myelom gibt es verschiedene Behandlungsmöglichkeiten.
Abwarten und beobachten (active surveillance)
Liegen noch keine Hinweise für Organschäden oder für baldige Organschäden vor, können Sie unter Umständen mit einer Therapie noch warten. Sie müssen allerdings regelmässig zu Kontrolluntersuchungen gehen. Bei frühen Stadien von Plasmazellerkrankungen ist dieses Vorgehen manchmal für mehrere Jahre möglich.
Medikamentöse Krebstherapien können Ihre Zähne schädigen. Wenn die Behandlung Ihre Zähne beschädigt hat, können Sie abklären, ob die Krankenkasse die Kosten übernimmt. Für diese Abklärung brauchen Sie einen sogenannten Zahnstatus.
Gehen Sie deshalb vor Krebsbehandlung zu Ihrer Zahnärztin oder Ihrem Zahnarzt. Fragen Sie nach einem Zahnstatus. Das ist ein schriftlicher Bericht über Ihre Zähne. Sie zeigen mit dem Zahnstatus, ob Ihre Zähne vor der Behandlung gesund sind.
Der Zahnarzt schaut auch, ob Sie versteckte Entzündungen im Mund haben. Er behandelt diese Entzündungen, bevor Sie mit einer Krebsbehandlung beginnen.
Zielgerichtete Therapien
Zielgerichtete Therapien sind Medikamente. Sie werden häufig als Tabletten eingenommen. Manche werden Ihnen als Infusion verabreicht oder unter die Haut gespritzt.
Die Wirkstoffe zielgerichteter Therapien können das Wachstum oder den Stoffwechsel von Krebszellen bremsen. Gesunde Zellen werden dabei nicht angegriffen.
Die häufigste Nebenwirkung ist eine oft schmerzhafte Schädigung der Nervenenden an Händen und Füssen. Diese Schädigung nennt sich periphere Polyneuropathie. Sie äussert sich durch Gefühlsstörungen wie Kribbeln, Ameisenlaufen, eingeschlafenes Gefühl oder Missempfindungen von Wärme und Kälte. Vielleicht haben Sie Muskelkrämpfe oder Schwächegefühle. Melden Sie solche Beschwerden Ihrem Behandlungsteam.
Anschwellen der Hände und Füsse durch Wassereinlagerungen (Ödeme),
Atemstörungen,
Hautausschlag,
Kopfschmerzen, Muskelschmerzen,
Wiederaufleben einer früheren Erkrankung durch das Varizella-Zoster-Virus (Windpocken, Gürtelrose).
Chemotherapie
Die Chemotherapie ist eine Behandlung mit zellschädigenden oder wachstumshemmenden Medikamenten. Sie werden Zytostatika genannt. Sie verhindern, dass Krebszellen sich teilen und vermehren können. Die Medikamente gelangen über die Blutgefässe in den gesamten Körper.
Die Chemotherapie ist in Zyklen aufgeteilt. Ein solcher Zyklus besteht aus einer bestimmten Behandlungsdauer und einer darauffolgenden Pause. Eine Chemotherapie besteht aus mehreren Zyklen. Während der Pausen können sich die gesunden Organe erholen.
Die Medikamente werden ambulant verabreicht. Sie müssen nicht im Spital übernachten. Entweder werden Ihnen die Medikamente per Infusion in eine Vene gespritzt oder als Tabletten abgegeben. Die Dauer der Therapie beträgt etwa 4 bis 6 Monate.
Bei einem Multiplen Myelom werden die Zytostatika häufig mit zielgerichteten Medikamenten und/oder Steroiden kombiniert.
Eine Chemotherapie schädigt auch gesunde Zellen. Das führt zu Nebenwirkungen. Häufige Nebenwirkungen sind:
Fieber, grippeähnliche Symptome,
Übelkeit, Magen-/Darmbeschwerden,
Veränderungen des Blutbildes, was zu Müdigkeit (Fatigue), erhöhtem Infektions- oder Blutungsrisiko führen kann,
Schwindel,
Verschlechterung der Konzentrations- und Merkfähigkeit, Verwirrtheit,
Verdickung, schmerzhafte Rötung und Schwellung der Haut an den Handinnenflächen und an den Fusssohlen,
Schleimhautprobleme (Trockenheit, Entzündung),
Hörbeeinträchtigung, Ohrgeräusche (Tinnitus),
Beeinträchtigung der Nierenfunktion.
Welche Nebenwirkungen wann und in welcher Stärke auftreten, hängt vom Medikamententyp, von der Dosierung und von der Medikamentenkombination ab. Auch die individuelle Empfindlichkeit spielt eine Rolle.
Viele dieser Nebenwirkungen können mithilfe von Medikamenten gelindert werden. Ihr Behandlungsteam wird Sie beraten. Mehr über medikamentöse Tumortherapien und was Sie gegen Nebenwirkungen tun können, erfahren Sie in der Broschüre «Medikamente gegen Krebs».
Hochdosis-Chemotherapie mit Blutstammzelltransplantation
Eine Hochdosis-Chemotherapie zerstört so viele Krebszellen wie möglich in möglichst kurzer Zeit. Die Medikamente schädigen allerdings auch das gesunde Knochenmark. Nach der Hochdosis-Chemotherapie muss es deshalb mit einer Stammzelltransplantation wiederaufgebaut werden.
Diese stationäre Therapie ist für Erkrankte bis etwa 75 Jahre mit einem guten Gesundheitszustand möglich. Sie wird in der Schweiz nur an bestimmten Spitälern angeboten.
Die Dauer einer Hochdosis-Chemotherapie inklusive anschliessender Blutstammzelltransplantation dauert etwa drei Wochen. Sie erhalten währenddessen Medikamente. Die Medikamente gibt es als Infusionstherapien oder in Tablettenform.
Bei einem Multiplen Myelom wird üblicherweise eine sogenannte autologe Blutstammzelltransplantation gemacht. Dafür werden werden Ihnen vor der Hochdosis-Chemotherapie gesunde Stammzellen entnommen. Nach der Hochdosis-Chemotherapie werden diese als Transfusion ins Blut zurückgeführt. Von dort finden die transplantierten Zellen selbstständig den Weg ins Knochenmark. Innert zehn bis zwölf Tagen beginnen sie mit der Bildung neuer Blutzellen.
Die Nebenwirkungen einer Hochdosis-Chemotherapie sind stärker als bei einer gewöhnlichen Chemotherapie. Auch das Risiko für Infektionen und Blutungen sowie für Unfruchtbarkeit sind deutlich erhöht. Im Gegensatz zu anderen Myelom-Therapien fallen Ihre Haare aus. Zudem besteht lebenslänglich ein leicht höheres Risiko, an einer weiteren Krebsart zu erkranken.
CAR-T-Zell-Therapie
Die sogenannte CAR-T-Zell-Therapie ist eine neue Form der Immuntherapie. Dabei werden Ihre Immunzellen (T-Zellen) gentechnologisch so verändert, dass sie die Myelomzellen erkennen und bekämpfen können.
Für die Therapie werden Ihnen T-Zellen im Blut entnommen und im Labor aufbereitet. Kurz bevor Sie die CAR-T-Zellen bekommen, erhalten Sie eine Chemotherapie. Die Chemotherapie zerstört möglichst viele T-Zellen im Blut. Über eine Infusion fliessen dann die veränderten Zellen in Ihren Blutkreislauf. Nachdem Sie die CAR-T-Zellen erhalten haben, müssen Sie zwischen zwei bis vier Wochen im Spital bleiben.
Häufige Nebenwirkungen sind:
Zytokin-Freisetzungs-Syndrom (führt zu Fieber, Schüttelfrost und Atembeschwerden),
Nervenschäden,
Entzündungsreaktionen,
Infektionen.
Orthopädische Massnahmen und Operationen
Bei einem Multiplen Myelom können die Knochen zerstört werden. Sind die Schäden zu gross oder ist der Knochen zu geschwächt, kann er brechen. Am häufigsten sind Brüche im Bereich der Wirbelsäule, dem Oberarmknochen und am Oberschenkel.
Orthopädische Massnahmen können Bewegungseinschränkungen und Schmerzen lindern. Ausserdem können sie Knochenbrüchen und Folgeschäden (wie Lähmungen oder Gefühlsstörungen) vorbeugen. Gehstützen, Schienen oder Korsette helfen, die angegriffenen Knochen zu entlasten und Brüche zu vermeiden.
Bereits gebrochene Knochen oder geschwächte Knochen des Oberarms oder des Oberschenkels werden chirurgisch mit Implantaten stabilisiert.
Knochenzerstörungen an der Wirbelsäule können mit sogenannten «Zementinjektionen» in die Wirbel stabilisiert werden. Hierbei spritzt die Ärztin oder der Arzt einen speziellen Kunststoff mit einer Nadel durch die Haut in den zerstörten Knochenbereich. Der Kunststoff wird im Knochen fest und stabilisiert den Wirbel. Der Eingriff wird meist mit einer Lokal- oder Kurznarkose durchgeführt und befreit in der Regel sofort von Knochenschmerzen. Sind weitere Wirbelkörper betroffen, braucht es manchmal mehrere Injektionen.
Bei schweren Wirbelbrüchen kann Druck auf Nerven oder auf das Rückenmark einwirken. Bei drohender oder fortschreitender Lähmung müssen Sie operiert werden. Dabei stabilisiert die Chirurgin oder der Chirurg die Wirbelsäule mit Implantaten (Schrauben und Stangen). Das entlastet Rückenmark und eingeklemmte Nerven.
Weitere Behandlungsmöglichkeiten
Eine Strahlentherapie (Radiotherapie) schädigt vor allem die Krebszellen, sodass diese sich nicht mehr teilen und vermehren können und schliesslich absterben.
Beim Multiplen Myelom wird die Strahlentherapie eingesetzt, um lokale Knochenschmerzen zu lindern und Knochenbrüchen vorzubeugen. Eine Heilung ist damit nicht möglich.
In der Strahlentherapie werden bestimmte Knochenregionen etwa einmal wöchentlich über einen Zeitraum von mehreren Wochen bestrahlt. Die Strahlen werden von aussen auf die Knochenregionen gerichtet. Eine einzelne Sitzung dauert nur wenige Minuten.
Bisphosphonate sind Medikamente, die Knochenschäden vorbeugen und Knochenbrüche verhindern. Bei Vorstufen von Multiplen Myelomen werden Bisphosphonate manchmal vorbeugend von der Ärztin oder vom Arzt verordnet.
Mögliche Nebenwirkungen sind:
Verdauungsbeschwerden,
Muskelschmerzen,
Skelettschmerzen,
Verschlechterung der Nierenfunktion,
Schädigung des Kieferknochens.
Natürliche Steroide sind an der Regulation des Stoffwechsels und an Entzündungsreaktionen beteiligt. Bei einer Plasmazellerkrankung werden künstlich hergestellte Steroide oft zusammen mit anderen Medikamenten verordnet. Die Steroide helfen mit, die Auswirkungen der Erkrankung auf den Körper zu kontrollieren und Myelomzellen zu zerstören.
Betroffene, Angehörige, weitere Interessierte und Fachpersonen können den Dienst unter der Woche per Telefon, Mail, Chat oder Videotelefonie von 10 Uhr bis 18 Uhr erreichen.