«Fertilitätserhaltende Massnahmen waren damals kein Thema.»
Walter «Wäli» L. war erst 23 Jahre jung, als er die Diagnose Hodenkrebs erhielt. Er realisierte anfänglich nicht, was dies für ihn bedeuten wird. Seine grösste Angst war zu Beginn, dass er möglichweise für längere Zeit im Spital verweilen muss. Dabei stand sein Leben auf der Kippe. 1980 lag die Überlebenschance bei Hodenkrebs bei gerademal rund 50 Prozent. «Weil ich nicht wusste, wie gross die Gefahr war, fürchtete ich mich kaum davor. Meist sprachen die Ärzte zuerst mit meiner Mutter und Schwester und erst danach mit mir. Wahrscheinlich haben sie gedacht, dass ich in meinem jungen Alter nicht wirklich damit umgehen könne», so Wäli.
Sein Arzt tat sich zuerst schwer damit, die Dimension der Erkrankung anzusprechen. In einem Krankenzimmer mit acht anderen Patienten erhielt Walter die Botschaft, dass er in Zukunft keine Kinder zeugen könne. Mit der Diagnose Hodenkrebs wurde der Traum eines Tages eigene Kinder zu haben von einer zur andern Sekunde aufgelöst. Der behandelnde Arzt ging damals sehr unsensibel vor. «Mein Arzt kam ins Zimmer, überbrachte die Diagnose und war schon wieder weg. Niemand fragte, ob ich Hilfe oder Rat brauche. Auch die Samenspende war damals noch überhaupt kein Thema», erzählt Walter.
Psychoonkologische Beratungsdienste und Betreuungsangebote gab es damals ebenso wenig. Auch eine Beratung zu den Möglichkeiten zur Erhaltung der Fruchtbarkeit (Fertilität) existierte noch nicht oder wurde kaum thematisiert.
Es war der Rückhalt seiner Mutter und Schwester, der Walter in dieser Zeit besonders Halt gab. Auch Sport war für Walters Weg zurück in den Alltag essenziell. Freizeitaktivitäten, die nach der Erkrankung wieder im selben Rahmen ausgeübt werden konnten, lebte Walter wieder in vollem Mass aus. Diese Strukturen halfen ihm sehr, wieder in den Alltag zu finden.
«Jeder sollte in seiner individuellen Situation für sich selbst entscheiden, was sich richtig und was sich gut anfühlt», so Wäli.