Darmkrebs gehört zu den häufigsten Krebsarten in der Schweiz. Dabei könnte man schon Vorstufen zuverlässig entdecken. Wie? Zum Beispiel durch flächendeckende Früherkennungsprogramme.
Darmkrebs gehört zu den häufigsten Krebsarten in der Schweiz. Dabei könnte man schon Vorstufen zuverlässig entdecken. Wie? Zum Beispiel durch flächendeckende Früherkennungsprogramme.
Darmkrebs ist immer noch ein Thema, über das man sich nicht gerne unterhält. Dabei gehört Dickdarmkrebs zu den wenigen Krebsarten, die sich ziemlich gut vermeiden liessen, weil man bereits Krebsvorstufen identifizieren und entfernen kann. Zudem wachsen Darmtumore in der Regel sehr langsam und lassen sich früh erkennen. Trotzdem ist Darmkrebs in der Schweiz eine der häufigsten Krebsarten. Etwa 4500 Menschen erkranken jährlich daran, rund 1650 Personen sterben an den Folgen von Darmkrebs. Was es braucht, um diese Zahlen künftig zu senken, weiss Dr. Julia Schwarz, Spezialistin Früherkennung bei der Krebsliga Schweiz.
Julia Schwarz, wie kann ich wissen, ob ich ein erhöhtes Risiko für Darmkrebs habe?
Fragen Sie Ihre Verwandten: Wenn Ihre Eltern oder Geschwister Darmkrebs (oder viele Darmpolypen) haben, haben Sie ebenfalls ein erhöhtes Risiko. Auch wenn bei Ihnen schon früher Darmpolypen gefunden wurden oder wenn Sie an einer chronisch entzündlichen Darmerkrankung leiden, sollten Sie das Thema Früherkennung mit einer medizinischen Fachperson besprechen.
Und wenn ich kein erhöhtes Risiko habe?
Auch dann ist eine Früherkennungsuntersuchung sinnvoll. Allerdings erst ab 50 Jahren. Dazu gibt es zwei Möglichkeiten: alle zwei Jahre einen Blut-im-Stuhl-Test (FIT) oder alle zehn Jahre die Darmspiegelung. Den FIT-Test erhält man beispielsweise in der Apotheke. Er findet Blut im Stuhl, das mit blossem Auge nicht sichtbar ist. Ist das Testresultat positiv, schlägt die Ärztin oder der Arzt eine Darmspiegelung vor, um herauszufinden, ob das Blut von verletzten Polypen oder Tumoren im Dickdarm stammt. Bei der Darmspiegelung kann die Spezialistin oder der Spezialist Polypen direkt entfernen. Diese könnten sich unter Umständen zu Krebszellen entwickeln. Aber auch Symptome wie Blut im Stuhl, veränderter Stuhlgang, anhaltende Bauchschmerzen oder ungewollter Gewichtsverlust sollen Sie abklären lassen.
Warum braucht es für die Darmkrebsvorsorge Früherkennungsprogramme?
Die Früherkennung ist am wirkungsvollsten, wenn sie im Rahmen eines organisierten Screening-Programms stattfindet. Die Vorteile solcher Programme liegen auf der Hand: Sie sichern die Zugangsgerechtigkeit, das heisst, alle Personen – unabhängig ihrer finanziellen Situation oder sozialen Herkunft – können teilnehmen. Die Zielgruppen erhalten regelmässig verständliche Informationen über die Vor- und Nachteile der Früherkennung und können so gut aufgeklärt einen Entscheid für oder gegen eine Untersuchung fällen. Und die Programme sichern dank Qualitätskriterien, dass möglichst wenig Krebsfälle verpasst und möglichst wenig Teilnehmende unnötig verunsichert werden.
Wo gibt es in der Schweiz Früherkennungsprogramme und wer führt diese durch?
Leider haben noch immer nicht alle Kantone in der Schweiz ein systematisches Darmkrebs-Screening eingeführt – trotz des belegten Nutzens solcher Programme! Die lateinische Schweiz verfügt flächendeckend über Programme. In der Deutschschweiz tun sich mehrere Kantone mit der Einführung noch schwer. Dennoch sind Veränderungen im Gang: 2023 hat nach Bern und Luzern auch Basel-Landschaft ein Vorsorgeprogramm eingeführt, als nächste stehen die Kantone Thurgau und Solothurn an. Für die Umsetzung ist in mehreren Regionen die Krebsliga zuständig (siehe Karte unten).
Muss ich die Kosten für die Früherkennungsuntersuchung selbst tragen?
Derzeit übernimmt die Grundversicherung die Kosten für Früherkennung von bei 50- bis 69-Jährigen. Im Rahmen von kantonalen Programmen ist die Untersuchung franchisebefreit (abzüglich des Selbstbehalts). In der Schweiz beträgt die Lebenserwartung bei 70-Jährigen noch mehr als zehn Jahre und ein Fortführen des Screenings wäre daher sinnvoll. Deshalb hat die Krebsliga Schweiz gemeinsam mit Partnerorganisationen einen entsprechenden Antrag eingereicht. Mit einer Erhöhung der oberen Altersgrenze auf 74 Jahre würde sich die Schweiz den internationalen Empfehlungen anpassen.
Kann ich Darmkrebserkrankungen auch vorbeugen?
Ganz verhindern lässt sich Darmkrebs nicht. Aber Sie können zumindest die Wahrscheinlichkeit reduzieren, indem Sie zum Beispiel aufs Rauchen verzichten. Genügend Bewegung, ein gesundes Körpergewicht, eine ausgewogene Ernährung mit ausreichend Ballaststoffen, wenig Alkohol und nicht rauchen sind die besten Tipps zur Risikoreduktion. Andere Risikofaktoren wie das Alter oder familiäre Vorbelastung können nicht beeinflusst werden.
Die Krebsliga empfiehlt Personen, die ein erhöhtes Risiko haben, die Früherkennung immer mit einer medizinischen Fachperson zu besprechen.
Weitere Informationen unter www.krebsliga.ch/früherkennung oder am Krebstelefon 0800 11 88 11.
Interview: Stefanie de Borba
Betroffene, Angehörige, weitere Interessierte und Fachpersonen können den Dienst unter der Woche per Telefon, Mail, Chat oder Videotelefonie von 10 Uhr bis 18 Uhr erreichen.